Ukraine-Krieg

„Allerhöchste Hochachtung“

Zwischen Fabrik und Bunker: So sieht der Alltag aus für die Mitarbeiter des Autozulieferers Leoni in Lwiw. Vorstandschef Aldo Kamper ist beeindruckt von den Menschen in der Ukraine.

„Allerhöchste Hochachtung“

mic

Der Bordnetzhersteller Leoni bekennt sich klar zur Ukraine. Die Gedanken seien bei den dortigen Menschen, die ohne eigenes Verschulden Opfer des Angriffs auf ihr Land geworden seien, sagte Vorstandsvorsitzender Aldo Kamper in der Jahrespressekonferenz.

Das Unternehmen beschäftigt in dem Land, das der Aggressor Russland mit einem Angriffskrieg überzieht, unter normalen Bedingungen rund 7000 Menschen in zwei westukrainischen Werken. Sie arbeiten auf 70000 Quadratmeter Produktionsfläche. „Es ist beeindruckend und bewegend zugleich, in den Videocalls zu spüren, wie entschlossen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, sich nicht unterkriegen zu lassen“, sagte Kamper: „Das hat meine allerhöchste Hochachtung.“

Leoni hatte die Produktion von Kabelbäumen für die europäischen Autohersteller nach einem anfänglichen Stopp bereits – im Einklang mit dem Willen der Regierung – schnell auf 40% hochgefahren. Seit Anfang der Woche werde trotz der Ausgangssperren sogar wieder in zwei Schichten gearbeitet, sagte Kamper. Mit aktuell rund 4000 Mitarbeitern wolle Leoni auf diese Weise 60 bis 70% der ursprünglichen Kapazität erreichen. Leoni liefert ein Zehntel ihrer Kabelbaum-Kapazität für europäische Kunden aus der Ukraine heraus. Der dortige Jahresumsatz beträgt dem zukünftigen Finanzvorstand Harald Nippel zufolge weniger als 300 Mill. Euro, in Russland sind es weniger als 100 Mill. Euro.

Der Alltag ist auch in Lwiw vom Krieg bestimmt. Es habe Raketenangriffe und Bombeneinschläge nicht weit entfernt von den Standorten gegeben, erklärte Kamper. Wenn Raketen aus Belarus anflögen, müssten die Mitarbeiter immer wieder in die Luftschutzbunker nahe den Fabriken fliehen. Sie verharrten dort bei wenigen Grad Celsius stundenlang in der Unsicherheit, wie es ausgehen werde, um danach an die Arbeit zurückzukehren. Die Mitarbeiter wollten damit zeigen, dass die Ukraine eine Zukunft habe. Dies sei für sie ihr Beitrag im Krieg, dass das Leben weitergehe. Es sei zu spüren, wie sie für ihr Land und ihre Art zu leben einstünden. Dementsprechend sei die Motivation sehr hoch.

Leoni ihrerseits sende mit den Autoherstellern das Signal in die Ukraine, dass man an dem Land festhalte. Es würden zwar aktuell an anderen Standorten in Osteuropa und Afrika ukrainische Produktionskapazitäten dupliziert. Doch hätten sich die Autohersteller und Leoni klar dazu bekannt, dass sie die Kabelbäume so lange wie möglich aus der Ukraine bezögen und auch langfristig an den Standorten festhielten.

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