Banken zögern bei Rückzahlung von EZB-Hilfen
Die Banken im Euroraum wollen im November knapp 300 Mrd. Euro an langfristigen EZB-Liquiditätshilfen (TLTRO) vorzeitig zurückzahlen. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Freitag mit. Es handelt sich um die erste Möglichkeit, die Hilfen vorzeitig zurückzuzahlen. Die EZB hatte diese Möglichkeit geschaffen, nachdem sie im Oktober beschlossen hatte, die Bedingungen für die TLTRO nachträglich zu ändern – um diese in Einklang zu bringen mit ihrer Zinswende und um risikolose Zinsgewinne der Banken zu kappen. Die Branche hatte darauf erzürnt reagiert.
Die jetzt avisierten 300 Mrd. Euro liegen deutlich unter der durchschnittlichen Schätzung von 600 Mrd. Euro der Experten und liegt auch unterhalb dessen liegen, was die EZB erwartet hatte. Die Schätzungen von Marktakteuren waren indes weit auseinandergegangen und reichten von 200 Mrd. Euro bis 1,5 Bill. Euro. Insgesamt geht es um 2,1 Bill. Euro ausstehende Gelder. Der nächste Termin für eine vorzeitige Rückzahlung gibt es im Dezember. Darauf richten sich nun auch die EZB-Blicke. Dann dürften mehr Banken mit ihren nötigen Kalkulationen fertig sein.
Im Zuge der Coronakrise hatte die EZB den Banken auf Jahre hinaus große Summen Liquidität zu sehr vorteilhaften Konditionen zur Verfügung gestellt. Durch die ungeahnt schnelle Zinswende streiche die Banken nun satte Zinsgewinne ein, indem sie das Geld wieder bei den Notenbanken parken. Je höher die Leitzinsen steigen, desto höher die risikolosen Zinsgewinne der teilnehmenden Banken.
„Diese beträchtlichen vorzeitigen Rückzahlungen verringern die Bilanz des Eurosystems und tragen damit zur allgemeinen Normalisierung der Geldpolitik bei, die erforderlich ist, um die Inflation mittelfristig wieder auf das Zielniveau zu bringen“, teilte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die Deutsche ist im EZB-Direktorium für Marktoperationen zuständig.
„Das Rückzahlungsvolumen liegt deutlich unter den Erwartungen und hinterlässt gewisse Fragezeichen“, sagte dagegen Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, in einer ersten Reaktion. „Scheinbar sind trotz der wegfallenden Abitragemöglichkeiten die TLTRO-Geschäfte immer noch attraktiv genug.“ In Anbetracht der relativ geringen TLTRO-Rückzahlungen könne der reguläre Bilanzabbau der EZB größer ausfallen. „Die EZB-Ratsmitglieder werden jedenfalls das TLTRO-Rückzahlungsvolumen in ihre Überlegungen hinsichtlich der Größe eines Quantitative Tightening miteinfließen lassen“, so Gitzel.