Demografie

Chinas Bevölkerung schrumpft erstmals seit 1960

Chinas Bevölkerung ist 2022 erstmals seit einer Hungersnot in den 1960ern geschrumpft. Angesichts einer stark rückläufigen Geburtenrate dürfte sich der negative demografische Trend in den kommenden Jahren weiter verschärfen.

Chinas Bevölkerung schrumpft erstmals seit 1960

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In China zeichnet sich eine entscheidende Wende in der demografischen Entwicklung ab. Nach Angaben des Pekinger Statistikamtes ist die Bevölkerung erstmals seit sechzig Jahren wieder geschrumpft. Im Jahr 2022 wurden 1,412 Milliarden Einwohner im Reich der Mitte gezählt – das entspricht einem Rückgang um 850000 gegenüber dem Vorjahr und unterstreicht den anhaltenden demografischen Trend, den Ökonomen zumindest langfristig als alarmierend ansehen.

Die Ausdünnung der Bevölkerungszahl in China fußt auf einem relativ starken Rückgang der Geburtenrate. Im Jahr 2022 kamen in China 9,56 Millionen Babys nach zuvor 10,62 Millionen 2021 zur Welt. Die Geburtenrate (Anzahl Geburten pro 1000 Einwohner) fiel von 7,52 2021 auf rekordtiefe 6,77 zurück. Bevölkerungswissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Rückgang der Geburtenrate in den kommenden Jahren im Zuge von wirtschaftlichen und sozialen Faktoren weiter beschleunigen wird.

Hinzu kommt der Faktor Corona. Derzeit grassiert eine massive Ansteckungswelle mit einem rapiden Anstieg der Sterbefälle, wobei Experten die Zahl der Corona-Toten in China auf eine Million und mehr veranschlagen. Damit ist ein deutlicherer Bevölkerungsrückgang im Jahr 2023 bereits vorprogrammiert.

Seit der Gründung der Volksrepublik hatte man nur einmal einen Rückgang der Bevölkerung erlebt, und zwar Anfang der sechziger Jahre beim „Großen Sprung nach vorn“, als eine fehlgeschlagene kommunistische Wirtschaftsoffensive schwere Hungersnöte heraufbeschwor, der mehrere Millionen Chinesen zum Opfer fielen. Danach kam es aber zu einem gewaltigen Anstieg des Bevölkerungswachstums, das die Staatsführung Ende der siebziger Jahre zur Einführung der „Einkindpolitik“ als radikale Maßnahme zur Begrenzung der Geburtenrate bewog. Erst im Jahr 2016 rang sich China zur Wende in der Geburtenpolitik durch und ging zu einer Zweikind- und schließlich Dreikindpolitik über. Allerdings hat der verspätete Wechsel bislang kaum Wirkung auf Ebene der Geburtenrate gezeigt.

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