Geldpolitik

EZB zeigt sich unbeeindruckt

Die EZB hat mit der Ankündigung einer weiteren deutlichen Straffung der Geldpolitik für Enttäuschung an den Finanzmärkten gesorgt und Kritik aus der Politik auf sich gezogen. Bislang ficht das die Euro-Hüter aber nicht an.

EZB zeigt sich unbeeindruckt

ms Frankfurt

Einen Tag nach der aufsehenerregenden EZB-Zinssitzung vom Donnerstag haben führende Euro-Notenbanker am Freitag die Botschaft einer weiteren deutlichen Straffung durch die Europäische Zentralbank (EZB) untermauert. Die Währungshüter bekräftigten die Perspektive weiterer signifikanter Zinserhöhungen und stellten auch eine zeitnahe Beschleunigung des Tempos beim Bilanzabbau in Aussicht. Der Kampf gegen die hohe Inflation sei noch nicht vorüber, so die verbreitete Botschaft.

Die EZB hatte bei ihrer Sitzung am Donnerstag doppelt überrascht: Einerseits hatte sie zwar ihre Leitzinsen wie erwartet um 50 Basispunkte erhöht – nach zuletzt zwei Anhebungen um 75 Basispunkte in Folge. Unerwartet deutlich hatte sie aber weitere deutliche Zinsschritte und eine Anhebung in den restriktiven Bereich avisiert, also auf ein Niveau, das die Euro-Wirtschaft aktiv bremst. Andererseits hatte sie überraschend schon März als Starttermin für den Abbau der aufgeblähten EZB-Bilanz und ein Abbauvolumen beschlossen.

An den Finanzmärkten hatte das für Enttäuschung gesorgt, die Börsen knickten deutlich ein – zumal tags zuvor auch die US-Notenbank die Hoffnung auf eine rasche Kehrtwende der Geldpolitik in Richtung einer weniger aggressiven Geldpolitik gedämpft hatte. Teilweise gibt es auch bereits die Sorge vor einem Crash an den Finanzmärkten. Auch in der Politik wächst die Kritik an der EZB-Politik – insbesondere in Italien (siehe nebenstehenden Text). Die Angst vor einer Rezession nimmt zu.

Die Euro-Hüter zeigten sich davon am Freitag aber unbeirrt. „Wir werden den Kurs beibehalten und alles tun, was nötig ist, um die Inflation einzudämmen und sie auf dem Zielniveau zu stabilisieren“, sagte Finnlands Notenbankchef Olli Rehn auf einer Veranstaltung. Zuletzt lag die Teuerung bei 10,0%. Die EZB strebt 2% an. Aus seiner Sicht wird die EZB auf ihren nächsten Zinssitzungen im Februar und im März die Zinsen voraussichtlich um jeweils 50 Basispunkte anheben müssen. Seit Juli hat sie ihre Leitzinsen nun bereits um 250 Basispunkte angehoben.

Auch Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau stellt sich auf einen lange währenden Straffungskurs ein. „Wir haben die erste Hälfte der Partie beendet, aber das Spiel ist noch nicht vorbei“, sagte er am Freitag dem französischen Radiosender BFM Business. Er deutete eine mögliche Ausweitung der beschlossenen Bilanzrückführung an. Die Bilanzrückführung werde im Juni erneut untersucht und dann könne eine Ausweitung ab Juli erfolgen, sagte Villeroy. Ab März soll der Anleihebestand zunächst um 15 Mrd. Euro pro Monat sinken.

Die Aussagen sind besonders interessant, weil Villeroy de Galhau und auch Rehn eher nicht zu den Hardlinern („Falken“) im EZB-Rat gehören. Sie geben zudem häufig das breite Meinungsbild im Rat wieder und zeichnen den künftigen Kurs voraus.

Auch der portugiesische Notenbankchef Mario Centeno sagte am Freitag: „Im Februar wird es wahrscheinlich eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte geben.“ Centeno gilt als klare „Taube“ im EZB-Rat. Zugleich sagte er aber, dass noch stärkere Jumbo-Zinsanhebungen um 75 Basispunkte wie im September und Oktober voraussichtlich vom Tisch seien. „Die Rückkehr zu einer Erhöhung um 75 Basispunkte ist ein Ereignis mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit“, sagt Centeno am Freitag in Lissabon. Es gebe inzwischen eine Annäherung an den sogenannten neutralen Zinssatz, der eine Volkswirtschaft weder bremst noch anheizt. „Jeder Zinsanstieg, der sich restriktiv auswirkt, muss uns sehr zu denken geben“, sagte er. Die Gefahr einer Überreaktion sei sehr groß. Der EZB-Rat hatte aber am Donnerstag erstmals explizit gesagt, dass es ein restriktives Zinsniveau brauche.

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