Deutsche Industrie

Großaufträge bringen den Schwung

Die deutsche Industrie hat im Oktober wieder mehr Neubestellungen eingesammelt als im Vormonat. Ohne die unerwartete Zahl an Großaufträgen wäre es aber das achte Minus in diesem Jahr gewesen.

Großaufträge bringen den Schwung

ba Frankfurt

Die stärkere Auslandsnachfrage und mehr Großaufträge haben der deutschen Industrie nach zwei Rückgängen in Folge im Oktober wieder ein Bestellplus beschert. Sowohl Ökonomen als auch das Bundeswirtschaftsministerium sehen darin ein weiteres Signal, dass die Winterrezession eine milde werden dürfte.

Vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge hat der Ordereingang um 0,8% im Monatsvergleich zugelegt. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Rückgang von 0,1% gerechnet. Der Rückgang im Oktober ist zwar mit 2,9% nicht ganz so drastisch ausgefallen wie mit −4,0% zunächst gemeldet, doch ist die Scharte damit nicht ausgewetzt. Im Vorjahresvergleich steht ein Minus von 3,2%.

„Trend zeigt nach unten“

„Damit haben sich die Bestellungen, die sich seit Sommer 2020 im Zuge von Nachholeffekten und zunehmenden Lieferengpässen zeitweise deutlich gesteigert hatten, nunmehr etwas stabilisiert“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Neben den leicht verbesserten Stimmungsindikatoren sei dies „ein weiterer Hinweis darauf, dass die Rezession schwächer ausfallen könnte als befürchtet, auch wenn der Ausblick für die Industriekonjunktur verhalten bleibt“. ING-Chefökonom Carsten Brzeski sieht „die lange Talfahrt in die (industrielle) Rezession“ trotz der zuletzt ermutigenden Signale aber anhalten.

Trotz des Oktober-Plus „zeigt der Trend der Auftragseingänge nach unten“, mahnte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Seit Jahresbeginn war der Oktober erst der dritte Monat mit einem Auftragszuwachs. Ohne die ungewöhnlich große Zahl an Großaufträgen ergibt sich auch für den Oktober ein Minus von 1,2%. Dies stütze auch die in Ifo-Umfragen bis zuletzt deutlich nach unten revidierten Einschätzungen der Unternehmen zur Nachfrageentwicklung. „Offensichtlich dämpfen die spürbaren Zinserhöhungen vieler Notenbanken zunehmend die Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten“, erklärte Solveen.

Im Oktober kletterten die Bestellungen aus dem Ausland um 2,5% zum Vormonat. Dabei hielten sich die Ordereingänge aus den Ländern der Eurozone (+2,6%) und aus den Ländern außerhalb des gemeinsamen Währungsraums (+2,5%) die Waage. Aus dem Inland gingen die Bestellungen dagegen um 1,9% zurück.

Dass die Hersteller von Investitionsgütern 3,2% mehr Bestellungen erhielten als im Vormonat, liegt am Orderanstieg von 5,5% im Bereich Kfz und Kfz-Teile. Die Neuaufträge für Vorleistungsgüter fielen um 1,4%, die Aufträge für Konsumgüter rutschten um 6,3% ab. Positiv werten Ökonomen, dass die Auftragsbücher noch gut gefüllt sind und die Lieferketten wieder etwas besser funktionieren.

Ruhepolster Auftragsbestand

Im November klagten 59,3% der vom Ifo-Institut befragten Firmen über Probleme, so wenige wie seit April 2021 nicht mehr. Im Oktober waren es noch 63,8%. Dies spreche grundsätzlich für ein Anziehen der Industrieproduktion in den kommenden Monaten, betonte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Die gut gefüllten Auftragsbücher sind auf Sicht der kommenden Monate ein Ruhepolster, doch auch mittelfristig will die Produktion ausgelastet sein“, mahnte er. Der um 0,2% im Monatsvergleich gesunkene Rückgang der Industrieumsätze lässt darauf schließen, dass die Produktion, über die Destatis am heutigen Mittwoch berichtet, ebenfalls leicht gesunken sein dürfte. Ökonomen rechnen mit −0,6% zum Vormonat.

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