Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft

Handel mit Osteuropa trotz Krieg auf neuem Höchststand

Der russische Angriff auf die Ukraine hat auch die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen rein statistisch um 20 Jahre zurückgeworfen. Die Exporte nach Russland sind im letzten Jahr um 45 % eingebrochen. Dabei hat der Handel mit Mittel- und Osteuropa insgesamt ein neues Rekordniveau erreicht.

Handel mit Osteuropa trotz Krieg auf neuem Höchststand

Ungeachtet des Krieges in der Ukraine ist der deutsche Handelsumsatz mit den 29 Ländern in Mittel- und Osteuropa im vergangenen Jahr um 11,5% auf knapp 562 Mrd. Euro gestiegen. Der Osthandel steht damit aktuell für 18% des gesamten deutschen Außenhandels, was mehr als der mit China und den USA zusammen ist, wie der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft am Mittwoch mitteilte. Demnach sank 2022 erwartungsgemäß nur der Handel mit Russland (um 16,5%), Belarus (18,0%) und der Ukraine (6,9%), das sich trotz des Krieges aber noch recht stabil zeigte.

„Die Entflechtung vom russischen Markt kommt schnell voran und wird sich 2023 weiter fortsetzen“, sagte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses, Michael Harms, in Berlin. Die Einfuhren aus Russland nahmen zwar auch 2022 um 6,5 % zu, was aber insbesondere auf die zum Teil dramatisch gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe zurückzuführen war. Die Exporte brachen hingegen um 45% ein. In der Rangfolge der deutschen Absatzmärkte stürzte Russland damit binnen eines Jahres von Platz 15 auf 23 ab.

„Normale Wirtschaftsbeziehungen“ zu Russland werde es auch auf absehbare Zeit nicht mehr geben können, betonte Harms. Dies sei erst nach einem kompletten Politikwechsel in Moskau denkbar. Ausnahmen sieht Harms allenfalls noch in Branchen, die ausdrücklich von den EU-Sanktionen ausgenommen wurden, wie dem Gesundheits- oder Agrarsektor. Eine Mehrheit der deutschen Unternehmen habe aber ihr Neugeschäft eingestellt oder sei dabei, ihr Russland-Geschäft komplett abzuwickeln – auch wenn ein einhundertprozentiger Rückzug zum Teil hochkompliziert sei. „Der russische Staat tut inzwischen alles, um einen weiteren Exodus ausländischer Unternehmen zu verhindern.“

Nach Einschätzung von Harms wirken die EU-Sanktionen gegen Russland. Das Land werde schleichend weiter in eine wirtschaftliche Krise rutschen und sich technologisch abkoppeln. Der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses musste aber auch einräumen, dass das Land die Sanktionen besser weggesteckt hat als von vielen erwartet und dass ein Zusammenbruch der russischen Wirtschaft auch in diesem Jahr nicht zu erwarten sei. Dies liege an den Energielieferungen, die für hohe Leistungsbilanzüberschüsse sorgten. „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen“, stellte Harms klar. Dies habe auch damit zu tun, dass sich viele Länder wie China, Indien oder die Türkei den Sanktionen nicht angeschlossen hätten. Ein bewusstes Umgehen der EU-Sanktionen durch deutsche Unternehmen schloss Harms aus.

Aus der Ukraine hat sich nach Informationen des Ost-Ausschusses im vergangenen Jahr kein relevantes deutsches Unternehmen zurückgezogen. Diese hätten vielmehr versucht, die Produktion vor Ort immer möglichst aufrechtzuerhalten – trotz der Probleme mit der Energieversorgung, der Logistik, der Sicherstellung des Personals oder auch mit den kommerziellen Versicherungen, die abzuschließen schwieriger geworden sei. Beim Wiederaufbau der Ukraine werde Deutschland eine Schlüsselrolle spielen.

Von den ost- und mitteleuropäischen Staaten liegt Polen auf Platz 5 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Tschechien hat sich mittlerweile auf Platz 10 geschoben und Großbritannien verdrängt.

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