Ifo-Geschäftsklima

Ifo-Barometer verstärkt Hoffnung

Die deutschen Unternehmen wagen im November einen wieder etwas optimistischeren Blick in die Zukunft. Eine Trendwende ist der unerwartete Anstieg des ifo-Geschäftsklimas aber nicht. Um eine Rezession kommt die Wirtschaft nicht herum.

Ifo-Barometer verstärkt Hoffnung

ba Frankfurt

Gut gefüllte Gasspeicher, milde Temperaturen und die leichte Entspannung beim Lieferkettenstress haben im November die Stimmung in den deutschen Chefetagen überraschend deutlich gehoben. Die Gas- und Strompreisbremse, der stabile Arbeitsmarkt und die Aussicht, dass bei der Inflation der Höhepunkt zumindest in Reichweite scheint, tun ihr Übriges. Die deutsche Wirtschaft scheint bislang besser als erwartet durch das vierte Quartal zu kommen – was allerdings nicht heißt, dass die erwartete Rezession ausfällt.

Ökonomen gilt dies weiter als Basisszenario, wenn sich auch die Hoffnungen mehren, dass sie nicht so lange und tief ausfällt wie zuletzt befürchtet. Dafür spricht auch der unerwartet kräftige Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas, der sich nahtlos einfügt in die Reihe der ebenfalls positiver als erwartet ausgefallenen Stimmungsindikatoren, wie der Einkaufsmanagerindex oder die vom ZEW und von Sentix jeweils erhobenen Konjunkturerwartungen.

Sukzessive weniger Engpässe

Den Münchner Wirtschaftsforschern zufolge legte der Ifo-Geschäftsklimaindex um 1,8 auf 86,3 Punkte zu. Ökonomen hatten lediglich einen Anstieg auf 85,0 Zähler auf dem Schirm. „Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich gebessert“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest zu dem Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 9000 Unternehmen. Diese waren zwar mit den laufenden Geschäften weniger zufrieden als vergangenen Monat, doch blickten sie weniger pessimistisch auf die kommenden Monate (siehe Grafik). Die Stimmungsaufhellung zog sich dabei durch alle Branchen.

Im verarbeitenden Gewerbe stieg das Geschäftsklima merklich. Ifo-Experte Klaus Wohlrabe erklärt dies im Reuters-Interview auch mit den abnehmenden Materialengpässen: Im November klagten 59,3% darüber, im Oktober waren es noch 63,8%. „Wir sehen einen langsamen, aber kontinuierlichen Rückgang der Lieferengpässe“, sagte Wohlrabe. „Das hilft der Industrie ein bisschen, aber es ist auch noch deutlich Luft nach oben.“ Die Industrieunternehmen bewerteten zwar die aktuelle Lage schlechter als zuvor, doch fiel der Blick auf die kommenden Monate „deutlich weniger pessimistisch“ aus, hieß es beim Ifo. Auch wenn erneut weniger neue Aufträge eingingen – wobei der Auftragsbestand immer noch auf sehr hohem Niveau liegt –, haben die Exporterwartungen trotz der schwächeren Weltkonjunktur zugenommen. Sie lägen – wenn auch nur minimal – wieder im positiven Bereich, berichtete Wohlrabe.

Bei den energieintensiven Branchen allerdings hat die Unsicherheit über die weitere Geschäftsentwicklung erneut zugenommen. Kein Wunder, sind die Stromkosten hierzulande doch um ein Vielfaches höher als in Frankreich oder den USA, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seinem World Business Outlook vor kurzem betonte. Vielen Unternehmen stelle sich angesichts der Energiekrise die Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Und die Möglichkeiten der Unternehmen, Erdgas einzusparen, ohne die Produktion zu drosseln, scheinen einer Ifo-Umfrage zufolge mittlerweile zunehmend ausgereizt. Der Lkw-Maut-Index zumindest zeigt für die Industrieproduktion derweil noch keinen Einbruch an: Im Oktober hatte die Fahrleistung zugelegt.

Wunsch, gut essen zu gehen

Auch im Dienstleistungssektor verbesserte sich die Laune merklich. Insbesondere das Gastgewerbe entwickelte sich ebenfalls unerwartet positiv. „Trotz hoher Inflation gibt es offenbar den Wunsch, gut essen zu gehen“, sagte Wohlrabe. Hoffnungssignale kämen zudem vom Handel, so der Ifo-Experte. „Die staatlichen Hilfen könnten hier Wirkung zeigen“, erklärte Wohlrabe mit Blick auf die Gaspreisbremse, mit der die Haushalte bei den Energiekosten entlastet werden sollen. Geholfen haben dürfte auch, dass der Anteil der Unternehmen, die ihre Preise in den kommenden drei Monaten heraufsetzen wollen, zurückging. Im November lag der Anteil bei 46,7%, im Vormonat noch bei 51,3%. „Der Preiserhöhungsdruck nimmt etwas ab“, sagte Wohlrabe. „Aber es ist noch zu früh, um Entwarnung bei der Inflation zu geben.“ Die Erwartungen der Händler legten „deutlich zu“, und sie schätzen zudem ihre aktuelle Lage etwas besser ein.

Trotzdem, so mahnten die Münchner Wirtschaftsforscher, „blickt gegenwärtig noch etwa jedes zweite Unternehmen pessimistisch auf die kommenden Monate“. Zu der Hoffnung, dass der Konsumeinbruch nicht so stark ausfallen wird wie befürchtet, trugen für DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle sicherlich auch „die aus Konsumentensicht erfreulich hohen Lohnabschlüsse und letztlich auch ein vergleichsweise robuster Arbeitsmarkt bei“.

Im Bauhauptgewerbe, das ebenso wie die Industrie besonders unter den hohen Rohstoff- und Energiekosten sowie dem Materialmangel leidet, hat sich das Geschäftsklima ebenfalls verbessert. Allerdings verzeichnet auch diese Branche einen geringeren Auftragseingang. Die aktuelle Lage bewerten die Unternehmen merklich besser und auch die Erwartungen „erholten sich leicht, blieben aber deutlich pessimistisch“, teilte das Ifo-Institut mit.

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