Importstopp wäre „handhabbar“
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Experten halten die Auswirkungen eines Importstopps für Energie aus Russland in Deutschland für verkraftbar. Die Folgen für die Wirtschaft seien „substanziell, aber handhabbar“, stellt ein Team renommierter deutscher Volkswirte fest. Auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hält einen kurzfristigen Stopp russischer Gaslieferungen für handhabbar.
Laut der Studie einer Gruppe von Ökonomen um Moritz Schularick und Moritz Kuhn von der Universität Bonn wäre bei einem kurzfristigen Embargo auf Öl, Kohle und Gas mit einem Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zwischen 0,5 und 3% zu rechnen. Die Spannbreite ist groß, weil die wirtschaftlichen Folgen von einer Reihe von Faktoren abhängen. So raten die Autoren der Studie zu einer raschen Entscheidung: „Falls ein aktives Embargo politisch gewollt ist, sollte es so früh wie möglich beginnen, damit die Wirtschaftsakteure den Sommer zur Anpassung nutzen können.“ Berlin schließt ein Embargo bislang aus. Moskau droht seinerseits mit einem Lieferstopp.
Die zögerliche Haltung der Bundesregierung dürfte mit aufkommendem Widerstand aus der Wirtschaft zusammenhängen. Die Verbände haben die bisherigen Sanktionen geschlossen mitgetragen. Nun sagte Siegfried Russwurm, Präsident des Industrieverbands BDI, im ZDF: Die Industrie könne nicht von heute auf morgen ihren Energiebedarf umstellen. „Deswegen sollten wir alles tun, diese Eskalation zu vermeiden“, so Russwurm, auch wenn dies vor dem Hintergrund der Kriegsbilder schwerfalle.
Nach Berechnungen von Allianz-Volkswirten reichen die Gasspeicher in der EU aufgrund des milden Winters für circa einen Monat. Deutschlands Abhängigkeit ist überproportional hoch – vor allem bei Gas, das mehr als zur Hälfte aus Russland kommt. Das Problem: Gas ist wesentlich aufwendiger zu ersetzen als Öl und Kohle. Daher lässt sich das durch einen Importstopp entstehende Energiedefizit laut Schularick und Co. selbst bei einem Wiederauffüllen der Gasspeicher über den Sommer innerhalb eines Jahres um magere 8% senken. Wie folgenreich ein Embargo wird, hänge deshalb entscheidend davon ab, „wie Energieinputs zwischen den Sektoren ersetzt und verteilt werden“. Auch die Leopoldina sieht Möglichkeiten, sich auf Engpässe im Winter einzustellen.