Führungskampf

Proto verlässt Société Générale

Der im Rennen um die Nachfolge von Société-Générale-Chef Frédéric Oudéa unterlegene Chef des Privatkundengeschäfts nimmt den Hut. Derweil sichtet der künftige Chef Kandidaten für wichtige Posten.

Proto verlässt Société Générale

Von Gesche Wüpper, Paris

Der Wachwechsel an der Spitze von Société Générale im Mai wirft seine Schatten voraus. Während sich Slawomir Krupa wie berichtet darauf vorbereitet, dann das Ruder von Bankchef Frédéric Oudéa zu übernehmen, verlässt der Chef des französischen Privatkundengeschäfts, Sébastien Proto, die Bank im Juni, wie der Manager ankündigte. Bis dahin will er die von ihm verantwortete Fusion des Filialnetzes der beiden französischen Marken Société Générale und Crédit du Nord abschließen.

Was der 45-jährige Proto nach seinem Weggang von Société Générale machen wird, ist noch nicht bekannt. Der Absolvent der Kaderschmiede ENA (École nationale d’administration) war neben Krupa als Favorit für die Nachfolge Oudéas gehandelt worden, hatte jedoch gegenüber dem 48-jährigen Chef der Sparte Corporate & Investment Banking (CIB) den Kürzeren gezogen. Vor allem innerhalb der CIB-Sparte soll es Bedenken gegeben haben, dass Proto zu unerfahren sei, eine Bank mit dem Profil von Société Générale zu leiten. Proto war zu Beginn seiner Karriere während der Amtszeit von Präsident Nicolas Sarkozy für verschiedene Ministerien tätig, bevor er 2013 zur Rothschild-Bank wechselte. Bei Société Générale hat er 2018 zunächst als Strategiechef begonnen.

Der in Bulgarien geborene, aber in Krakau aufgewachsene Krupa wiederum hat fast seine gesamte Karriere bei der Bank gemacht, deren Leitung er am 23. Mai übernehmen soll. Lediglich Ende der Neunziger Jahre hat er Société Générale für zwei Jahre verlassen, um während des Internetbooms in Osteuropa ein E-Finance-Startup zu gründen. Nach dem Studium an dem renommierten Institut d’Études Politiques (Science Po) in Paris hat der Manager, der sowohl die französische als auch die polnische Staatsbürgerschaft besitzt, 1996 bei Société Générale zunächst in der Generalinspektion begonnen. 2007 wechselte er von dort in die CIB-Sparte, die er seitdem nicht mehr verlassen hat.

So leitete er für sie zunächst das Geschäft in Osteuropa, dem Nahen Osten und Afrika, bevor er stellvertretender Direktor des Finanzierungsgeschäfts und schließlich Leiter der US-Sparte wurde. Als Chef der gesamten Großkunden- und Investment-Banking-Sparte verfügte er die Abkehr vom Wertpapierhandel, nachdem das Derivategeschäft 2020 nahezu zusammengebrochen war. Da die schwachen Märkte der Bank 2020 rote Zahlen beschert hatten, versuchte Krupa, die Sparte wieder stärker auf das Finanzierungs- und Beratungsgeschäft auszurichten, um die Risiken zu reduzieren.

Der künftige Konzernchef hat sich intern als Krisenmanager einen Namen gemacht. So verhandelte er in seiner US-Zeit mit der amerikanischen Justiz über den Verdacht, Société Générale habe den Referenzzins Libor manipuliert und gegen Antikorruptionsregeln bei Geschäften mit dem libyschen Staatsfonds Libyan Investment Authority (LIA) verstoßen. Als der Skandalhändler Jérôme Kerviel Société Géné­rale Anfang 2008 einen Verlust von fast 5 Mrd. Euro einbrockte, gehörte Krupa zu dem Team, das die Positionen wieder auflösen musste. Er war auch dabei, als die Bank 2011 in der Staatsschuldenkrise an den Märkten unter Beschuss geriet und ihre finanzielle Stabilität verbessern musste.

Krupa sei erfahren und ein Arbeitstier, urteilen Kenner der Bank. Er habe bewiesen, dass er mit Krisen umgehen könne. Als Chef von Société Générale muss er nach der Abkehr vom Russlandgeschäft nun vor allem neue Wachstumsträger wie das Online-Banking und das Leasinggeschäft ausbauen. Die Leasing-Tochter ALD soll dem Vernehmen nach gerade mit russischen Interessenten über den Verkauf ihres Geschäfts in Russland verhandeln. Igor Kim, der Hauptaktionär von Expobank, wird als möglicher Käufer genannt.

Derweil sichtet Krupa potenzielle Kandidaten für die künftige Führung. Er muss nicht nur einen Nachfolger für Proto finden, sondern auch für die bisherige Personalchefin Caroline Guillaumin, die zu Orange gewechselt ist, und für Chief Operating Officer Gaëlle Olivier. Einen Schlüsselposten hat Krupa bereits besetzt, denn er wählte Ambroise Pascal als seinen Bürochef aus.

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