SAP sieht sich am Wendepunkt
sar Walldorf
Seine 37. Zahlenpräsentation war die letzte von CFO Luka Mucic, der sich zu diesem Anlass bei John Lennon bediente: „Am Ende wird alles gut sein. Wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende“, zitierte er den Musiker. Aus Sicht des Finanzchefs ist die Lage in Walldorf gut: Der Softwarekonzern SAP sieht sich an einem entscheidenden Punkt der Transformation. Das Jahr 2022 sei eines der wichtigsten in der Geschichte des Unternehmens, sagte CEO Christian Klein am Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen für das Geschäftsjahr 2022. Nachdem das Betriebsergebnis in den vergangenen Jahren durch den Wandel vom hochmargigen Geschäft mit Softwarelizenzen zu längerfristig planbareren Cloud-Erlösen gelitten hatte, sieht SAP nun das Ende der Durststrecke erreicht, auch wenn 2022 das untere Ende der Prognosen getroffen wurde.
Insgesamt steigerte das Unternehmen 2022 währungsbereinigt den Gesamtumsatz um 5 % auf von 30,87 Mrd. Euro. Das Betriebsergebnis (IFRS) stagnierte im Vergleich zum Vorjahr bei 4,67 Mrd. Euro. Bereinigt um Sondereffekte sank es 2022 währungsbereinigt noch einmal um 7 % auf gut 8 Mrd. Euro. Laut SAP war dies eine Folge des Rückzugs aus Russland und Belarus, eines geringeren Beitrags der Softwarelizenzerlöse sowie höherer Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Marketing.
Mit gut 8 Mrd. Euro übertraf SAP auf Jahressicht die im Oktober auf 7,6 bis 7,9 Mrd. Euro abgesenkte Prognose. Ursprünglich waren 7,8 bis 8,25 Mrd. angepeilt, insbesondere durch den Rückzug aus Russland war dies aber nicht mehr zu erreichen. CFO Mucic zeigte sich mit dem Ergebnis angesichts des schwierigen Umfelds zufrieden: „Bei den Cloudumsätzen haben wir in etwa die Mitte der Prognose getroffen, bei den Cloud- und Softwareumsätzen das untere Ende der Spanne“, bilanziert er. Durch den Ausstieg aus dem Russland-Geschäft seien 61 Mill. Euro aus dem Cloud Backlog abgeflossen. „Außerdem haben wir vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine vergleichsweise hohe Wartungsumsätze im On-Premise-Geschäft in Russland erzielt. Da entgehen uns auch etwa 291 Mill. Euro an Betriebsergebnis.“ Rechne man diese Erlöse gedanklich hinzu, hätte SAP vermutlich auch die ursprüngliche Prognose beim Betriebsergebnis erreicht.
Disziplin bei Ausgaben
Der Ergebnistrend zeigte zum Jahresende nach oben: Im vierten Quartal legte das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis währungsbereinigt wieder um 2 % zu. Diese Entwicklung soll sich 2023 fortsetzen. Für das Gesamtjahr strebt SAP ein bereinigtes Betriebsergebnis von 8,8 bis 9,1 Mrd. Euro an, das wäre ein Plus von 10 bis 13 %.
Zu der höheren Profitabilität im vierten Quartal 2022 habe auch „ein diszipliniertes Ausgabenmanagement“ beigetragen, hinzu kam ein Veräußerungserlös über 175 Mill. Euro in Verbindung mit dem Verkauf des Anbieters für Lernmanagementsysteme Litmos.
Bei der Transformation hin zu Clouderlösen sieht SAP gute Fortschritte: Zum Jahresende stieg der Current Cloud Backlog, der das künftige Geschäft avisiert, auf mehr als 12 Mrd. Euro, ein Plus von 27 % (währungsbereinigt 24 %). Dabei hatten der Verkauf des Litmos-Geschäfts und die Einstellung der Geschäftsaktivitäten in Russland und Belarus einen negativen Effekt von etwa 1,5 Prozentpunkten gehabt. Besonders dynamisch legte der Current Cloud Backlog bei SAP S/4 Hana Cloud zu, der auf Jahressicht währungsbereinigt um 82 % auf knapp 3,2 Mrd. Euro kletterte. Während das Cloudgeschäft weiter zulegt, nahmen die Softwarelizenzerlöse erwartungsgemäß ab. Sie sanken im Gesamtjahr 2022 währungsbereinigt um 39 % auf gut 2 Mrd. Euro.
Trotz geringerer Softwarelizenzerlöse stiegen die Cloud- und Softwareerlöse auf Jahressicht währungsbereinigt insgesamt um 4 % auf 26,5 Mrd. Euro. Der freie Cashflow, für den ein Wert von „rund 4,5 Mrd. Euro“ angepeilt war, erreichte auf Jahressicht gut 4,3 Mrd. Euro.
Für 2023 hat SAP sich insbesondere im Cloudbereich weiteres Wachstum vorgenommen: Die Clouderlöse sollen währungsbereinigt in einer Spanne zwischen 15,3 Mrd. und 15,7 Mrd. liegen (2022: 12,56 Mrd. Euro). Die Cloud- und Softwareerlöse zusammengenommen sollen zwischen 28,2 Mrd. und 28,7 Mrd. Euro landen (2022: 26,52 Mrd. Euro). Der Free Cashflow soll auf 5 Mrd. Euro steigen.
Die mittelfristigen Ziele wollen die Walldorfer voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 aktualisieren. Im März vollzieht sich noch ein Wechsel auf dem CFO-Posten, wenn Dominik Asam von Luka Mucic übernimmt. Die derzeitige Mittelfristplanung basiere auf Annahmen von 22 % Wachstum in der Cloud, hieß es zur Begründung. 2022 stiegen die Clouderlöse währungsbereinigt um 24 % auf gut 12,5 Mrd. Euro, seinen Mittelfristzielen ist SAP nach eigener Aussage voraus. Die Planbarkeit der Umsätze nimmt dabei zu: Der Anteil planbarer Umsätze kletterte 2022 um 4 Prozentpunkte auf 79 %, Ende 2023 sollen es dann 83 % sein.
SAP | ||
Kennzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Umsatzerlöse | 30871 | 27842 |
Clouderlöse | 12556 | 9418 |
Softwarelizenz- und Supporterlöse | 13965 | 14660 |
Betriebsergebnis | 4672 | 4656 |
Gewinn nach Steuern | 1714 | 5376 |
Free Cashflow* | 4348 | 5049 |
Anteil besser planbarer Umsätze (%) | 79 | 75 |
Anzahl Mitarbeiter | 111961 | 107415 |
*) Non-IFRSBörsen-Zeitung |