Geldpolitik

Sorgen bei EZB wegen hoher Kerninflation

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos betont die Bedeutung der Kerninflation für die Ausrichtung der Geldpolitik. Damit stimmt er die Märkte auf einen weiterhin restriktiven Kurs der Notenbank ein. Zumindest von den Erzeugerpreisen geht kein zusätzlicher Inflationsdruck aus.

Sorgen bei EZB wegen hoher Kerninflation

mpi Frankfurt

Die Teuerungsrate bei den Erzeugerpreisen in der Eurozone nimmt weiter ab. Im Januar verlangten die Hersteller für ihre Waren 2,8% weniger als noch im Dezember, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat steht ein Anstieg um 15% zu Buche. Auch hier zeigt sich ein abnehmender Trend. Seit dem Hoch im August bei 43,4% sinkt die Rate kontinuierlich von Monat zu Monat. Der Rückgang bei den Erzeugerpreisen liegt hauptsächlich an den gesunkenen Kosten für Energie. In diesem Segment sanken die Preise im Januar im Vergleich zum Vormonat um 9,4%.

Die Entwicklung der Erzeugerpreise unterscheidet sich innerhalb der Eurozone stark von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Den höchsten monatlichen Rückgang verzeichnete Irland mit −25,2%. Den größten Anstieg gab es in der Slowakei, wo die Preise um 9,0% zulegten. In Deutschland lag ein leichter Rückgang um −1,2% vor.

Die Erzeugerpreise sind ein Indikator für die künftige Entwicklung der Verbraucherpreise, da Unternehmen gestiegene Produktionskosten tendenziell an ihre Kunden weitergeben. Daher geht von den Zahlen ein sinkender Inflationsdruck aus. Für eine Entwarnung in Sachen Teuerung reicht dies jedoch nicht aus, da die Inflation derzeit von anderer Stelle befeuert wird. Neben den weiterhin hohen Lebensmittelpreisen stieg die Teuerungsrate in der Eurozone im Februar vor allem im Segment der Dienstleistungen an. Dies führte dazu, dass die Kerninflation mit 5,6% ein neues Rekordhoch seit der Einführung des Euro erreichte (vgl. BZ vom 3. März).

Bei der Berechnung der Kerninflation werden die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt. Wie unter anderem aus dem am Donnerstag veröffentlichten Sitzungsprotokoll der Europäischen Zentralbank (EZB) von Anfang Februar hervorgeht, achtet die Notenbank bei ihrer Ausrichtung der Geldpolitik stark auf die Entwicklung der Kerninflation.

„Kerninflation sehr wichtig“

Dies bekräftigte am Freitag EZB-Vizepräsident Luis de Guindos noch einmal auf einer Veranstaltung in Madrid. „Die Kerninflation ist sehr, sehr wichtig“, sagte er. Während sich die Gesamtinflation von derzeit 8,5% bis Mitte 2023 laut de Guindos auf unter 6% verlangsamen dürfte, könnte sich die Kerninflation als hartnäckiger als gedacht erweisen. Die Folge könnte sein, dass die EZB länger als bisher angenommen einen geldpolitisch straffen Kurs fahren muss, um die Inflation wieder in Richtung des mittelfristigen Zielwerts von 2% zu bewegen. Eine Aussage dazu, wie weit die Zinsen wohl noch steigen müssten, gab de Guindos nicht ab.

Diesbezüglich konkreter äußerte sich Pierre Wunsch, ebenfalls EZB-Ratsmitglied und Gouverneur der belgischen Zentralbank. Zwar betonte auch er, dass die EZB datenbasiert von Zinssitzung zu Zinssitzung ihren Kurs festlege, und es daher offen sei, wann genau der Zinsgipfel erreicht sei. Ein Plateau bei 4% – also insgesamt noch weitere Zinserhöhungen von 100 Basispunkten in den kommenden Monaten – sei nicht ausgeschlossen. „Wenn wir keine klaren Signale erhalten, dass die Kerninflation zurückgeht, werden wir mehr tun müssen“, sagte Wunsch.

Steigende Zinserwartungen

Die bisherige Projektion der EZB-Volkswirte für die Kerninflation in diesem Jahr liegt bei 4,2%. Mit der Veröffentlichung der jüngsten Inflationsdaten dürfte die EZB wohl nicht umhinkommen, diese Projektion bei ihrer nächsten Zinssitzung in rund zwei Wochen am 16. März ein weiteres Mal nach oben zu korrigieren. „Die Zinserwartungen werden nach der nächsten EZB-Sitzung weiter nach oben klettern“, prognostiziert Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, deshalb.

Die Märkte gehen nach den jüngsten Inflationsdaten inzwischen von einem Zinsgipfel bei 4% aus. Doch auch ein Plateau bei erst 5% ist für einige Analysten inzwischen nicht mehr abwegig.

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