Elon Musk

Twitter-Chef vergrault Werbekunden

Der Kurznachrichtendienst, der momentan noch zu 90 % vom Anzeigengeschäft abhängt, muss nach der Übernahme von Elon Musk um wichtige Kunden fürchten. Neben anderen Großkonzernen will nun auch VW ihre Werbung auf der Plattform vorerst pausieren. Musk selbst sieht „Aktivistengruppen“ am Werk.

Twitter-Chef vergrault Werbekunden

kro/dpa-afx/Bloomberg Frankfurt

Elon Musk, der in der vergangenen Woche den 44 Mrd. Dollar schweren Kauf von Twitter abgeschlossen hat und nun fieberhaft nach neuen Erlösquellen für den Kurznachrichtendienst sucht, erreicht derzeit genau das Gegenteil. Am Freitag, während Tausende Mitarbeiter darauf warteten zu erfahren, ob sie zu den rund 50 % der Belegschaft gehören, denen gekündigt werden soll – oder nicht –, teilte VW mit, ihre Anzeigen auf dem sozialen Netzwerk vorerst auf Eis zu legen. Man habe „seinen Marken empfohlen, ihre bezahlten Aktivitäten auf der Plattform bis auf Weiteres zu pausieren“, so die Wolfsburger. Grund sei, dass Twitter ihre Richtlinien für die Platzierung solcher Inhalte überarbeiten will. Damit schloss sich VW anderen Konzernen wie Pfizer, General Motors, Mondelez und General Mills an, die ähnliche Schritte unternommen haben sollen. Der große internationale Werbekonzern IPG, der milliardenschwere Anzeigenetats für Konzerne wie Coca-Cola, American Express und Spotify verwaltet, soll seinen Kunden ebenfalls geraten haben, Twitter-Werbung zu stoppen.

Dabei hatte der 51-Jährige kurz nach der Übernahme noch betont, dass Twitter „natürlich kein gesetzloses Höllenloch“ werden soll, wo alles gesagt werden kann, ohne dass man Konsequenzen fürchten muss. Stattdessen solle der Dienst „warm und einladend für alle werden“.

Zumindest für die Mitarbeiter war sein Start als CEO jedoch alles andere als warm und einladend. Nicht nur war die erste offizielle Kommunikation, die sie seit der Übernahme erhielten, eine Vorankündigung der Massenentlassung. Ingenieure sollen zudem auch stark unter Druck gesetzt worden sein, möglichst schnell neue Ideen für das Geschäft abzuliefern. Laut US-Medien seien einige von ihnen zudem aufgefordert worden, ihre Arbeit der vergangenen Tage auszudrucken, damit Tesla-Ingenieure diese überprüfen können.

Twitter hatte im zweiten Quartal einen Verlust von 344 Mill. Dollar eingefahren. Um die Übernahme zu finanzieren, hatte Musk Kredite von rund 13 Mrd. Dollar aufgenommen und dem Unternehmen damit aufgebürdet. Analysten zufolge dürfte Twitter dadurch pro Jahr mehr als 1 Mrd. Dollar an Zinsen zahlen. Erste Ideen, wie die kostenpflichtige Verifizierung eines Twitter-Kontos, dürften laut Berechnungen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.

Unter Musk spielt Twitter noch andere Wege durch, um die Einnahmen zu diversifizieren. Zu den Überlegungen gehört angeblich auch eine Bezahlschranke für Videos und bezahlte Direktnachrichten. Absehbar bleibt der Konzern aber weiter abhängig von seinen Werbekunden.

Deren Reaktion auf die jüngsten Ereignisse kann Insider-Intelligence-Analystin Jasmine Enberg nachvollziehen: „Es gibt wenig, was Musk sagen kann, um Werbetreibende zu beschwichtigen, wenn er das Unternehmen in einen konstanten Zustand der Unsicherheit und des Aufruhrs versetzt und wenn er seinen Mitarbeitern und dem Gesetz gegenüber gleichgültig wirkt.“ Letztlich brauche der Milliardär die Werbekunden dringender als sie ihn. „Anzeigen von Twitter abzuziehen ist für die meisten Marken eine schnelle und schmerzlose Entscheidung.“

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