Gaskrise

Uniper schreibt Rekordverlust

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Uniper hat in den ersten neun Monaten einen Konzernverlust von über 40 Mrd. Euro geschrieben. Wie die Bilanz repariert werden kann, bleibt aber weiter unklar.

Uniper schreibt Rekordverlust

ab Köln – Mit einem Verlust in den ersten neun Monaten von 40,4 Mrd. Euro schreibt Uniper einen traurigen Rekord. Doch auch operativ und vor Sondereffekten ist ein Verlust von 4,8 Mrd. Euro aufgelaufen. Den bilanzierten Fehlbetrag haben vor allem erwartete künftige Verluste in Höhe von 31 Mrd. Euro aufgebläht, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Der Betrag setzt sich aus künftigen Verlusten aus Bewertungseffekten bei Derivaten und Drohverlustrückstellungen (19 Mrd. Euro) zusammen, die im Zusammenhang mit den russischen Gaskürzungen stehen. Damit sei ein großer Teil des Gaslieferungsrisikos realisiert worden, heißt es.

Nach vorn geblickt, will Uniper die Verluste aufgrund der fehlenden russischen Gaslieferungen bis 2024 stoppen, wie Finanzchefin Tiina Tuomela im Investoren-Call sagte. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unser Gasportfolio strukturell umzugestalten“, versprach sie.

Zwar hatte die Bundesregierung im September angekündigt, den Versorger zu verstaatlichen und dafür 8 Mrd. Euro an Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Für die Reparatur der Bilanz – per 30. September belief sich das Konzerneigenkapital auf −31,5 Mrd. Euro – reicht das jedoch nicht. Tuomela gab an, mit der Bundesregierung weiter über die Ausgestaltung einer „maßgeschneiderten Lösung“ zu verhandeln, die den Mechanismus der gestrichenen Gasumlage ersetzen soll. Die Gespräche befänden sich in fortgeschrittenem Stadium.

Ursprünglich hatte die Bundesregierung die Einführung einer Gasumlage geplant, mit der die Gasimporteure 90 % der Kosten für die Ersatzbeschaffung von Gas erstattet bekommen sollten. Nach immensen rechtlichen Bedenken hatte die Ampel-Koalition das Projekt Ende September beerdigt. Laut Zwischenbericht soll für die fehlenden Milliarden nun der Wirtschaftsstabilisierungsfonds aufkommen.

Ob damit eine weitere Verwässerung der ausstehenden Aktionäre einhergeht, ließ Tuomela offen. Ende September hatte sich die Bundesregierung mit Uniper und dem finnischen Mehrheitsaktionär Fortum darauf verständigt, dass sich der Bund via Kapitalerhöhung mit 98,6 % an Uniper beteiligt. Die neuen Aktien sollen zum Nennwert von 1,70 Euro gezeichnet werden.

Anders als den freien Aktionären kauft der Bund Fortum deren Beteiligung ebenfalls zu 1,70 Euro je Aktie ab, in Summe 500 Mill. Euro. An ein Abfindungsangebot an den Streubesitz ist bislang nicht gedacht.

Bevor die Verstaatlichung realisiert werden kann, muss die Transaktion in Brüssel beihilferechtlich und fusionskontrollrechtlich genehmigt werden. Der Vorstand halte es für „sehr wahrscheinlich“, dass die Bedingungen für den Staatseinstieg erfüllt werden und „die maßgeschneiderte Lösung mit hoher Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden kann“, heißt es in der Beurteilung der Gesamtrisikolage. Am Ende muss die Rettungsaktion von einer außerordentlichen Hauptversammlung ge­nehmigt werden.

Ob es gelingt, das Aktionärstreffen mit der Hauptversammlung zu koppeln, in der Uniper gemäß § 92 AktG die Anteilseigner über den Verlust von mehr als der Hälfte des Eigenkapitals informiert, ist weiter offen (vgl. BZ vom 26. Oktober).

Wie aus dem Risikobericht hervorgeht, besteht für Uniper das Restrisiko, dass die Ersatzbeschaffungskosten künftig höher ausfallen als antizipiert. Umgekehrt ist damit aber auch die Chance verbunden, dass die Ersatzbeschaffungskosten geringer als erwartet ausfallen.

Dass Standard & Poor’s das Rating Mitte Oktober mit „BBB−“ und negativem Ausblick bestätigte, liegt einzig und allein an der staatlichen Unterstützung. Eine Anpassung des Ausblicks auf stabil sei 2023 jedoch unwahrscheinlich. S&P erwarte, dass Uniper zumindest bis Anfang 2024 kontinuierlich externe Unterstützung benötige, um die Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten.

Mit dem Einstieg des Staates ist zugleich das Risiko verknüpft, dass die Kernbankengruppe von ihrem Sonderkündigungsrecht im Rahmen des Kontrollwechsels Gebrauch machen. Im Feuer steht eine Finanzierung von 1,9 Mrd. Euro.

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