Abwärtstrend vorerst unterbrochen
Abwärtstrend vorerst unterbrochen
Inflationsrate zieht etwas an im April – Preise für Dienstleistungen legen weniger stark zu
Die deutsche Inflationsrate nähert sich im April nicht weiter dem Zielwert von 2,0% für die gesamte Eurozone an. Ökonomen gehen mehrheitlich davon aus, dass das auch in den kommenden Monaten noch nicht der Fall sein dürfte. Die Zahlen mahnen die Europäische Zentralbank (EZB) zur Vorsicht.
mpi Frankfurt
Der Rückgang der Inflation in Deutschland findet ein vorläufiges Ende. Die Teuerung legte im April nach europäischer Berechnungsmethode (HVPI) von 2,3 auf 2,4% zu. Dies teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag in Wiesbaden mit. Ökonomen hatten im Schnitt mit einer Stagnation gerechnet. Im Mai könnte die Teuerung sogar erneut etwas zunehmen.
Dabei haben günstige statistische Effekte verhindert, dass die Preise bereits im April stärker zugelegt haben. Das in diesem Jahr besonders frühe Osterfest dämpfte die Preise im Dienstleistungssektor im Vergleich zum Vorjahresmonat. Dies dürfte auch mit ein Grund dafür sein, weshalb die Kernrate als Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck von 3,3 auf 3,0% zurückgegangen ist.
Im Mai ändern sich dann wieder die statistischen Vorzeichen. Die Teuerungsrate wird dann nicht mehr vom Deutschlandticket nach unten gedrückt, dessen Einführung dann mehr als ein Jahr zurückliegt. „In den kommenden Monaten wird die deutsche Inflationsrate eher wieder zulegen“, sagt Ralph Solveen, Ökonom bei der Commerzbank. Neben den Sondereffekten verweist er darauf, dass sich die Energiepreise wieder stabilisieren.
Lohnentwicklung im Fokus der EZB
Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird in den kommenden Monaten vor allem interessant sein, wie stark die Löhne in Deutschland und im Euroraum steigen werden und wie sehr sich dies auf die Verbraucherpreise auswirken wird. Insbesondere im Dienstleistungssektor, wo die Arbeitskosten einen größeren Anteil an den Produktionskosten haben als in der Industrie. „Risiken für das zügige Erreichen des Inflationsziels bestehen auch auf längere Sicht fort“, meint Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Ein entscheidender Faktor dabei ist, wie treibend das schwache Produktivitätswachstum bei gleichzeitig starken Lohnzuwächsen auf den gesamtwirtschaftlichen Preisdruck wirkt.“
Am Dienstag veröffentlicht Eurostat die Inflationsdaten für den Euroraum. Auch hier dürfte der Abwärtstrend erstmal gestoppt sein. Zumal die Inflation in Spanien im April leicht angezogen hat. Wie das spanische Statistikamt INE am Montag mitteilte, legten die Verbraucherpreise um 3,4% zu, nach einer Jahresrate von 3,3% im Vormonat.
Wieder mehr Preiserhöhungen
Die EZB erwartet derzeit, dass die Inflation im Euroraum in den kommenden Monaten mal etwas steigen und mal etwas sinken wird, unter dem Strich also eine Seitwärtsbewegung hinlegt. Bis zum Jahresende werde die Inflation aber auf den Zielwert von 2% fallen. Im Juni, wenn die Notenbank mutmaßlich die Zinswende einleiten wird, veröffentlicht sie auch ihre neuen Projektionen für Inflation und Wirtschaftswachstum. Diese dürften einen größeren Einfluss darauf haben, wie die weitere Geldpolitik der EZB bis Herbst aussieht. „Jegliche Anzeichen einer Reflation und auch einer stärkeren Wirtschaftsaktivität werden den Handlungsspielraum der EZB einschränken“, meint Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING.
Nicht nur die jüngsten Inflationszahlen aus Deutschland, sondern auch eine Umfrage deutet darauf hin, dass der Abwärtstrend bei der Teuerung erstmal gestoppt ist. Der vom Münchner Ifo-Institut monatlich erhobene Index der Preiserwartungen stieg im April leicht um 0,8 auf 15,1 Punkte, wie die Wirtschaftsforscher am Montag mitteilten. „In den kommenden Monaten dürfte die Inflation erst einmal nicht weiter zurückgehen und bei knapp über 2% verharren“, erwartet Ifo-Experte Sascha Möhrle. Vor allem Unternehmen in der Gastronomie und im Einzelhandel von Spielwaren sowie Drogerieartikeln planen mit stärker steigenden Preisen.
Hartnäckige Inflation
In der Umfrage im März war das Ifo noch optimistischer gewesen, was den Rückgang der Inflation betrifft. Und auch Carsten Brzeski mahnt mit Blick auf die Teuerungsdaten im April: „Die heutigen deutschen Inflationsdaten verdeutlichen nicht nur den großen Einfluss der Öl- und Lebensmittelpreise auf die Gesamtinflation, sondern verdeutlichen auch, wie hartnäckig die Inflation bleibt.“