Handelskrieg

Algerien bleibt im Konflikt mit Spanien hart

In Algiers lässt man sich von den mahnenden Worten der EU-Kommission nicht beirren und setzt die Wirtschaftsbeziehungen zu Spanien weiter aus. In Madrid vermutet man geopolitische Interessen hinter der Repressalie.

Algerien bleibt im Konflikt mit Spanien hart

ths Madrid

Algerien hält trotz einer Warnung aus Brüssel an der Aussetzung seiner Handelsbeziehungen zu Spanien fest. Auch am Montag bestätigten spanische Unternehmen, dass die Geschäfte mit algerischen Kunden eingefroren seien. Vergangene Woche hatte Algiers den Freundschaftsvertrag mit Spanien auf Eis gelegt und seine Banken angewiesen, keinen Handel mit Spanien mehr zu ermöglichen. Dies geschah offiziell aus Protest gegen die Kehrtwende Spaniens im langjährigen Konflikt um die Westsahara hin zur Position von Marokko. Die beiden Nachbarländer auf dem Maghreb sind tief verfeindet.

Madrid hat in dem Handelskrieg die EU-Kommission auf seine Seite geholt, da man den europäischen Binnenmarkt für betroffen hält. In einer offiziellen Mitteilung kritisierte Brüssel die algerischen Strafmaßnahmen. Die Regierung in Algiers ist wiederum entrüstet über die Einmischung der Kommission. Ihrer Meinung nach handelt es sich um „eine politische Differenz bilateraler Art mit einem europäischen Staat, ohne dass die Verpflichtungen Algeriens gegenüber der Europäischen Union betroffen seien“, hieß es in einer Mitteilung vom Wochenende.

Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calviño sagte am Montag, sie hoffe, dass „Algerien seine Haltung und seine Äußerungen überdenkt“. Hinter der Repressalie vermutet die Ministerin den Einfluss aus Moskau, da „Algerien immer stärker an Russland angebunden ist“. Europäische Diplomaten, die die Zeitung „El País“ zitierte, ordneten den Konflikt zwischen Madrid und Algiers ebenfalls dem Versuch der Destabilisierung aus Moskau zu. Der russische Außenminister Sergei Lawrow war am 10. Mai in Algiers zu Besuch.

Algerien ist einer der wichtigsten Lieferanten von Erdgas und die Rolle des Landes als alternativer Energielieferant wird im Licht des Krieges in der Ukraine noch wichtiger. Die Gaslieferung von Algerien nach Spanien über eine Pipeline, die durchs Mittelmeer führt, sind von dem Handelskrieg bislang jedoch nicht betroffen. Die Algerier versicherten am Wochenende, dass sie ihren Ver­trägen nachkommen würden. Der spanische Energiekonzern Naturgy und die algerischen Sonatrach, die seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, haben ein Lieferabkommen bis 2032.

Dennoch hat sich Spanien in jüngster Zeit bewusst von der einstigen Abhängigkeit vom algerischen Erdgas gelöst, etwa durch den Bau von sechs Flüssiggasterminals. Kamen im vergangenen Jahr noch mehr als 40% der Gaslieferungen aus dem Nachbarstaat im Maghreb, so ist der Anteil bis Mai auf rund ein Viertel gefallen. Spanien hat zuletzt verstärkt Flüssiggas aus Nigeria und den USA gekauft, das nun der wichtigste Lieferant ist. In Algiers blickt und hofft man dagegen stark auf Italien.

Der Handelsstreit begann mit der im März verkündeten Kurswende im Westsaharakonflikt. Madrid befürwortet für die Ureinwohner seiner Ex-Kolonie nun den Vorschlag Rabats eines Autonomiestatus unter marokkanischer Herrschaft – statt eines Referendums über die Zukunft der Region, wie sie Algiers fordert.