Altmaier schlägt Klima-Allianz vor

Wirtschaftsminister räumt Fehler ein und will mit 20 Punkten nachsteuern

Altmaier schlägt Klima-Allianz vor

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) überrascht mit der Forderung nach einer Allianz für Klimaneutralität und Wohlstand, die nicht weniger als einen “historischen Kompromiss” zwischen Klima und Wirtschaft schaffen soll. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) zeigt sich erfreut, aber wenig beeindruckt.sp Berlin – Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat vor dem Wochenende mit der Forderung nach einer Allianz von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für Klimaneutralität und Wohlstand überrascht und dazu 20 Punkte zur Stärkung von Klimaschutz und Wirtschaftskraft vorgestellt. Erster Punkt auf der Liste: Noch vor der Bundestagswahl 2021 soll partei- und fraktionsübergreifend eine “Charta für Klimaneutralität und Wirtschaftskraft” von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, die Ländern und Kommunen, aber auch gesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen zum Beitritt offensteht. Damit soll nicht weniger als “ein historischer Kompromiss zwischen Klima und Wirtschaft” gelingen, heißt es in dem acht Seiten langen Papier aus dem Wirtschaftsministerium. “Ich bin der Auffassung, dass wir Klimaschutz als die zentrale und vorrangige Aufgabe unserer Generation begreifen und entsprechend handeln müssen”, sagte Altmaier und räumte wie schon Anfang August Fehler und mangelndes Tempo in der Klimapolitik ein (vgl. BZ vom 6. August).Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über ihren Sprecher Steffen Seibert mitteilen, dass es sich beim Klimawandel um eine “epochale Herausforderung” handle. Insofern sei es richtig, dass auch der Wirtschaftsminister dazu eine Strategie entwickele. Im Umweltministerium zeigte man sich ebenfalls erfreut, aber wenig beeindruckt vom Vorstoß des Wirtschaftsministers. Besser wäre es gewesen, wenn Altmaier schon vor zwei Jahren ihr Klimaschutzgesetz unterstützt hätte, kommentierte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) trocken.Auch die Idee für eine Klima-Charta macht auf die Ministerkollegin wenig Eindruck. “Bundestag und Bundesrat haben im vergangenen Jahr das deutsche Klimaschutzgesetz beschlossen, das die Klimaziele Jahr für Jahr verbindlich festschreibt. Und das Pariser Abkommen wurde 2016 einstimmig im Bundestag und im Bundesrat ratifiziert – eine eindrucksvollere Charta für den Klimaschutz kann es kaum geben.”Klimaschutz sei immer konkret, ließ Schulze dem Kollegen noch ausrichten. Sie werde Altmaier deshalb beim Wort nehmen, wenn es um die tägliche gemeinsame Regierungsarbeit geht, zum Beispiel bei der Gesetzesnovelle zum Ökostrom-Ausbau, die für ihren Geschmack noch ehrgeiziger ausfallen könnte.Auch von den Grünen gab es Kritik. “Die Überschriften in dem Papier klingen gut und richtig, aber leider mangelt es aus meiner Sicht an Substanz”, sagte Parteichefin Annalena Baerbock. Es gebe beim Klimaschutz kein Erkenntnisproblem, sondern ein Handlungsproblem. Die Grundlage für jedes Handeln sei das Pariser Klimaabkommen. “Wenn wir das umsetzen, stehen wir Grünen mit Rat und Tat zur Seite”, sagte Baerbock. Der jetzt vorgelegte Katalog sei “eher eine Mogelpackung”.FDP-Chef Christian Lindner begrüßte den Vorstoß für einen Klimapakt, sofern der marktwirtschaftliche Instrumente ins Zentrum stelle. Grundsätzlich positiv reagierten auch Umweltverbände und Wissenschaftler. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), sprach von einer bemerkenswerten Ansage. “Wenn aus diesen Worten wirklich Taten werden, hat er die Chance, als ein Ludwig Erhard der Klimawende in die Geschichtsbücher einzugehen.” Der WWF lobte, dass Altmaier die Zeichen der Zeit erkenne, und Greenpeace stellte fest, dass der Wirtschaftsminister die Klimakrise endlich ernster nehme. Den Worten müssten aber konkrete Taten folgen, forderten beide Umweltgruppen. Ehrgeizigere EU-ZieleZuletzt hatte sich Altmaier in der Debatte über die geplanten höheren Klimaziele in der Europäischen Union skeptisch gezeigt und vor einer Überlastung der Wirtschaft gewarnt. Jetzt will er auch in Deutschland nachsteuern. “Wir werden den europäischen Emissionshandel und die nationale CO2-Bepreisung entsprechend den EU-Beschlüssen anpassen müssen.” – Wertberichtigt Seite 6