Deutsche Industrie

Ampel einigt sich auf Strompreissenkungen

Die Bundesregierung hat sich auf ein Paket zur Senkung der Stromkosten für die Industrie verständigt. Es ist allerdings zeitlich befristet und bislang nur für zwei Jahre gegenfinanziert.

Ampel einigt sich auf Strompreissenkungen

Ampel einigt sich auf Strompreissenkungen

Steuerpaket statt Industriestrompreis – Fokus auf das produzierende Gewerbe – Energieintensive Branchen murren

ahe Brüssel

Die Spitzen der drei Ampel-Parteien haben sich darauf verständigt, wie alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes in Deutschland bei ihren hohen Energiekosten entlastet werden sollen. Beschlossen wurde, zunächst für fünf Jahre befristet die Stromsteuer für diese mehr als 600.000 Unternehmen auf ein EU-Minimum zu reduzieren. Dies bedeutet konkret, dass die Stromsteuer von heute 1,537 Cent je Kilowattstunde (kWh) auf 0,05 Cent/kWh ab 2024 sinken soll. Dies kostet 2024 und 2025 jeweils 2,75 Mrd. Euro. Grundsätzlich soll die Steuersenkung für fünf Jahre gelten – allerdings gibt es für die Jahre 2026 bis 2028 bislang noch keine Gegenfinanzierung.

Für die energieintensiven Branchen, die bislang über einen Spitzenausgleich von der Stromsteuer verschont wurden, ändert sich daher nur relativ wenig: Der Spitzenausgleich wird wie geplant zum Jahresende auslaufen, geht aber nach Lesart der Bundesregierung in der Steuersenkung auf. Die Ampel verweist allerdings darauf, dass die künftige Regelung deutliche bürokratische Entlastungen für die Unternehmen mit sich bringt.

Zudem werden die bereits bestehenden Regelungen zur Strompreiskompensation aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) ausgeweitet. Hiervon profitieren die rund 350 am stärksten im internationalen Wettbewerb stehenden energieintensiven Unternehmen. So entfällt etwa der Selbstbehalt. Ergänzend dazu wird ein sogenannter "Super-Cap" die CO2-Kosten für rund 90 besonders stromintensive Konzerne zusätzlich begrenzen.

Nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz summieren sich die Entlastungen allein im nächsten Jahr auf bis zu 12 Mrd. Euro. Dabei zählte der SPD-Politiker allerdings unter anderem auch die 5,5 Mrd. Euro mit, die aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kommen und die Übertragungsnetzentgelte im ersten Halbjahr 2024 stabilisieren sollen. Dies hatte das Kabinett bereits in der vergangenen Woche beschlossen.

"Im Rahmen der Schuldenbremse"

Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach von einer "marktwirtschaftlichen Lösung mit all ihren Vorteilen". Der FDP-Chef verwies darauf, dass die Senkung der Stromsteuer im Bundeshaushalt realisiert werden könne und zudem alle Maßnahmen auch im Rahmen der Schuldenbremse finanziert seien. Wirtschaftsminister Robert Habeck, der monatelang vergeblich für die Einführung eines subventionierten Industriestrompreises gekämpft hatte, wollte das Maßnahmenpaket trotzdem als "Strompreisbrücke für die besonders energieintensive Industrie und für das produzierende Gewerbe" verstanden wissen. "Es ist wichtig, dass wir einen gemeinsamen Weg gefunden haben", so der Grünen-Politiker.

Kritik kam dennoch von der Opposition. Der Unions-Wirtschaftsexperte Jens Spahn monierte, die Maßnahmen seien mal wieder zu wenig und kämen viel zu spät. Die Bundesregierung komme "in kleinsten Trippelschritten in der Realität an", erklärte der CDU-Politiker. "Die Strompreise werden noch viele Jahre sehr hoch bleiben."

Aus der Wirtschaft kamen dagegen viele positive erste Reaktionen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte, dass neben der Industrie auch das produzierende Gewerbe mit in die Entlastungen einbezogen wird. "Das Strompreispaket der Bundesregierung bringt dringend notwendige Entlastungen für Unternehmen und ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Wettbewerbsfähigkeit", sagte Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Die Steuersenkung für das produzierende Gewerbe sei "eine überfällige Entscheidung" gewesen, so der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. "Schließlich muss Strom günstig sein, damit gerade auch mittelständische Industriebetriebe ihren Pfad zur Klimaneutralität gehen können."

"Kein großer Wurf"

Unzufrieden zeigten sich hingegen Branchen, die keine Entlastung erwarten können – wie etwa der Handel –, aber vor allem auch die energieintensiven Unternehmen. Die Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel, sieht zwar punktuelle Verbesserungen. Insgesamt sei die Einigung aber enttäuschend und "kein großer Wurf". Ihr Amtskollege vom Verband der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup, kritisierte, die dringend benötigte kurzfristige Brücke und damit der energiepolitische Befreiungsschlag bleibe leider aus.

Kommentar: Nur ein erster Schritt

Die Bundesregierung hat sich auf ein Maßnahmenpaket zur Senkung der Stromkosten für das produzierende Gewerbe verständigt. Geplant sind eine deutliche Senkung der Stromsteuer sowie weitere Entlastungen speziell für energieintensive Betriebe. Das Paket ist zeitlich befristet und bislang nur für zwei Jahre gegenfinanziert.