Dynamisierungspaket der Bundesregierung

Ampel will den Finanzstandort Deutschland vielfältig stärken

Mit ihrem Dynamisierungspaket will die Ampel-Regierung den Finanzstandort Deutschland stärken. Top-Verdiener der Branche erwarten Neuregelungen beim Kündigungsschutz. Mehr Geld soll in Wachstumsunternehmen fließen. Neue Perspektiven gibt es für die Sicherheits- und Rüstungsindustrie.

Ampel will den Finanzstandort Deutschland vielfältig stärken

Ampel will den Finanzstandort Deutschland vielfältig stärken

Dynamisierungspaket – Top-Verdiener ohne Kündigungsschutz – Mehr Geld für Wachstumskapital – Rüstungsindustrie im Fokus beim Kapitalmarktzugang

wf Berlin

Die Pläne der Ampel, den Wirtschafts- und Finanzstandort Deutschland zu beflügeln, stoßen bereits auf Kritik. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechtfertigte bei seiner Sommerreise die geplanten Steueranreize für ausländische Fachkräfte. Damit könne man eine „große Fachkräftelücke“ schließen, sagte Habeck laut Nachrichtenagentur dpa-afx in Stuttgart. „Wir sehen, dass andere europäische Länder solche Steuervergünstigungen für Fachkräfte gewähren, wenn sie in das Land kommen.“

Geplant ist, die Arbeitsaufnahme in Deutschland steuerlich zur begünstigen. Neu zugewanderte Fachkräfte sollen in den ersten drei Jahren 30%, 20% und 10% vom Bruttolohn steuerfrei stellen dürfen. Für den Lohn wird eine Unter- und Obergrenze definiert. Das Vorhaben ist Teil der neuen Wachstumsinitiative der Ampel mit 49 Punkten. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Habeck hatten sie am Freitag zusammen mit den Grundzügen für den Bundeshaushalt 2025 vorgelegt. Darin enthalten sind neun Punkte zur Stärkung des Finanzstandorts Deutschland. So sollen auch für Spitzenverdiener im Finanzsektor die Rahmenbedingungen für Arbeitsverhältnis und Vergütung flexibilisiert werden. Schon 2019 hatte die Bundesregierung im Zuge des Brexits den Kündigungsschutz für Risikoträger bei Kreditinstituten gelockert (§ 25 KWG).

Flexibilität für Risikoträger

Aktuell fallen darunter alle Banker, „deren jährliche fixe Vergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung überschreitet“. Damals entsprach dies 234.000 Euro, heute sind es 271.800 Euro. Diese Regelung gilt bislang nur für Risikoträger in systemrelevanten Banken. Sie soll nun auf nicht systemrelevante Banken, Versicherer, Wertpapierinstitute und Kapitalanlagegesellschaften ausgeweitet werden. Die Ampel verspricht sich davon, hierzulande einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Finanzplätzen zu beseitigen.

Eine Reihe von Neuerungen soll Wachstumskapital mobilisieren, auch steuerliche Regelungen. So soll die Besteuerung von Investitionen von Investmentfonds in gewerbliche Personengesellschaften – und damit auch in VC-Fonds – angepasst werden. Das Bundesfinanzministerium hat dazu schon einen Diskussionsentwurf erarbeitet. Eine solche Regelung würde den mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz gescheiterten Weg freimachen, dass Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur investieren können. Geändert würden das Investmentsteuergesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch.

Erleichterungen soll es auch bei Wertpapierprospekten geben. So sollen englischsprachige Prospekte erlaubt sein, um den europaweiten Vertrieb zu vereinfachen. Das Prospektbilligungsverfahren soll auf sechs bis acht Wochen verkürzt werden. Investitionen in risikoreichere Anlageklassen wie Infrastruktur- oder VC-Projekte soll unter anderem eine Änderung der Anlageverordnung für öffentliche und private Kapitalsammelstellen beflügeln.

Dynamik im Zukunftsfonds

Vorgezogene Investitionen bis zu 500 Mill. Euro über die Cashflow-Planungen hinaus will die Bundesregierung zusammen mit der KfW im Zuge der „Initiative Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland (WIN)“ in den nächsten zwei bis drei Jahren tätigen. Die Mittel stammen aus dem staatlichen Zukunftsfonds. Die Aktion soll mehr privates Kapital mobilisieren. Die KfW Capital soll das Modul „Direktbeteiligungen“ frühestmöglich, auf jeden Fall bis Ende 2024, auf den Markt bringen. Dieses Modul soll die Lücke bei großvolumigen Finanzierungsrunden schließen und zielt auf Start-ups in strategisch wichtigen Innovations- und Transformationsbereichen im Portfolio der KfW Capital. Für bessere Exit-Möglichkeiten von jungen Unternehmen in der Wachstumsphase, sogenannte Scale-ups, hat die Bundesregierung keine eigenen Pläne. Sie unterstützt einen Lösungsansatz in Europa unter Federführung der Förderbankgruppe EIB.

Ein neues Augenmerk richtet sich in der angespannten geopolitischen Lage auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Die Ampel will dazu das Förderbankensystem samt KfW aktivieren. Sie will auch für eine Ausweitung der Aktivitäten der EIB, unter Wahrung deren Refinanzierungsfähigkeit, eintreten. Geprüft werde die Aufstockung des Zukunftsfonds für Start-ups, die echte Rüstungsgüter produzieren. Ein „guter und perspektivisch gesicherter Finanzmarktzugang“ für Unternehmen der Branche sei essenziell, heißt es. Dies gelte besonders auch für Start-ups und kleine, innovative Unternehmen. Die Verteidigungs- und Rüstungsindustrie fürchtete wegen der Vorgaben der Taxonomie zuletzt um ihren Kapitalmarktzugang. „Im Interesse unserer Landes- und Bündnisverteidigung müssen wir diese Industriezweige national und auf europäischer Ebene stärken“, betont die Ampel.

Kapitalmarktunion im Blick

Weiterhin starkmachen will sich die Bundesregierung für die Kapitalmarktunion in Europa. Dies hatte sie bislang im engen Schulterschluss mit Frankreich getan. Schwerpunkte sind die Revitalisierung des Verbriefungsmarkts sowie weniger Bürokratie in der Finanzmarktregulierung. Effizienter soll die Aufsicht im EU-Kapitalmarkt werden. Dazu könnten die EU-Behörden „die systemisch relevantesten grenzüberschreitenden Kapital- und Finanzmarktakteure“ beaufsichtigen. Hinzu kommen die Harmonisierung relevanter Aspekte des Insolvenz-, Vertrags- und Steuerrechts sowie ein attraktiverer Kapitalmarkt für Retail-Kunden.

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