An der Schwelle zur Vollbeschäftigung

US-Wirtschaft schafft weiter neue Stellen - Löhne steigen deutlich

An der Schwelle zur Vollbeschäftigung

Von Peter De Thier, WashingtonDer Aufschwung am US-Arbeitsmarkt hat sich zwar etwas verlangsamt, wird nach Ansicht von Ökonomen aber kaum Einfluss auf das Tempo haben, mit dem die Notenbank weitere Zinserhöhungen beschließen dürfte. Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums entstanden im Dezember außerhalb des Agrarsektors 156 000 neue Stellen. Der Wert für November wurde von 178 000 auf 204 000 nach oben korrigiert. Die Arbeitslosenquote stieg gegenüber dem Vormonat von 4,6 auf 4,7 %.Zwar lag die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze relativ deutlich unter den Markterwartungen. Die Statistik kann sich im historischen Kontext aber trotzdem sehen lassen. Schließlich wurde mittlerweile 75 Monate in Folge Stellenwachstum gemessen, der längste Aufschwung seit 1939.Angeführt wurden die Neueinstellungen im Schlussmonat 2016 vom Gesundheitssektor und dem gastronomischen Gewerbe. Aufs gesamte Jahr bezogen trugen auch Fachdienstleister, die seit Januar 522 000 neue Mitarbeiter anheuerten, maßgeblich zur Erholung bei. Die Löhne kletterten im Jahresvergleich um 2,9 %. Dies ist der stärkste Anstieg seit sieben Jahren. Beteiligungsquote niedrigZwar werden höhere Löhne und der Rückgang der Langzeitarbeitslosenzahl im Jahresverlauf positiv hervorgehoben. Relativiert wird der Arbeitsmarktbericht aber durch die anhaltend niedrige Beteiligungsquote, die mit 62,7 % gegenüber 2015 unverändert blieb. Auch stellen einige Skeptiker fest, dass jene weiter gefasste Arbeitslosenquote, die auch Personen im erwerbsfähigen Alter erfasst, welche die Stellensuche aufgegeben haben oder nur Teilzeit arbeiten, weil sie keine Vollzeitbeschäftigung finden konnten, weiterhin über 9 % liegt.Unterm Strich fällt die Bewertung des Berichts dennoch überwiegend positiv aus. “Wir sind sehr nah an der Schwelle zu Vollbeschäftigung”, sagte Jim O’Sullivan, Chefökonom bei High Frequency Economics, und weist auf “deutliche Signale zunehmenden Lohndrucks” hin. Da am 1. Januar in 19 US-Staaten der gesetzliche Mindestlohn stieg, wird dieser Anschub nach Auffassung von Volkswirten weiter zunehmen, könnte im laufenden Jahr positiv auf den Privatkonsum durchschlagen und würde somit das Wirtschaftswachstum ankurbeln.Weniger zuversichtlich als der Arbeitsmarktbericht stimmt der überraschend starke Anstieg des Defizits im Außenhandel. Der Fehlbetrag im Warenverkehr legte im November um 3,4 Mrd. Dollar zu und erreichte 66,6 Mrd. Dollar, vorwiegend als Ergebnis höherer Öleinfuhren und industrieller Lieferungen. Der Überschuss in der Dienstleistungsbilanz stieg dagegen um nur 0,5 Mrd. Dollar auf 21,4 Mrd. Dollar. Im Jahresvergleich ging das Defizit im Waren- und Dienstleistungsverkehr um 4,9 Mrd. Dollar zurück.