Ölembargo

Auch wenn’s wehtut

Auch wenn es auf die Frage, wen das Embargo härter trifft, keine wirklich belastbare Antwort gibt, so lassen sich doch gewichtige Argumente finden, die für das Ölembargo sprechen.

Auch wenn’s wehtut

In Zeiten des Krieges kann man vieles nicht mit Gewissheit planen, sondern muss es auf Basis von Wahrscheinlichkeiten kalkulieren. Im Falle des nun von der Europäischen Union avisierten Ölembargos heißt das: Es spricht zwar einiges dafür, dass das Embargo seinen Zweck erfüllen wird, nämlich Russland spürbar mehr zu schaden als Europa. Aber mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen.

Denn wie stark ein Embargo Russland trifft, hängt von schwer vorhersehbaren Faktoren ab. Etwa vom Anstieg der Ölpreise, denn bei höheren Notierungen ist der Einnahmeausfall für Russland entsprechend geringer. Oder von der Möglichkeit, das Öl, das Europa nicht mehr abnimmt, in andere Regionen der Welt zu exportieren. Und natürlich hängen die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Embargos auf Russland (und auch die Folgen für Europa) maßgeblich davon ab, mit welchen Gegensanktionen Wladimir Putin darauf reagiert.

Eigentlich ist es vor diesem Hintergrund so gut wie unmöglich, die Frage zu beantworten, ob Europas Verzicht auf russisches Öl ein kluges taktisches Manöver ist. Wohlgemerkt: Eigentlich. Denn auch wenn es auf die Frage, wen das Embargo härter trifft, keine wirklich belastbare Antwort gibt, so lassen sich doch gewichtige Argumente finden, die für das Ölembargo sprechen. Das Wichtigste: Europa tritt geschlossen auf. Durch längere Übergangsklauseln für die Slowakei und Ungarn kann die EU vermeiden, selbst an ihrem Einstimmigkeitsprinzip zu scheitern – kann also verhindern, sich die Blöße zu geben, in der Frage der Sanktionen nicht mehr beschlussfähig zu sein.

Dass selbst Industrieverbände das Embargo begrüßen – und sogar teilweise noch mehr Tempo bei der Umsetzung anmahnen –, ist ein starker Hinweis darauf, dass sich Europas Wirtschaft mit dem Embargo nicht völlig in den Ruin treibt. Ebenso klar ist aber auch, dass der Importbann nicht spurlos an den hiesigen Volkswirtschaften vorbeigehen wird. Es wäre freilich eine arg naive Vorstellung von Sanktionspolitik, würde man erwarten, man könne Handel blockieren, ohne selbst darunter zu leiden.

Auch wenn jede Einzelmaßnahme womöglich für Russlands Wirtschaft und Finanzierung verkraftbar ist, stellt die Summe der Sanktionen Russland längst vor erhebliche Probleme bei der Finanzierung des Kriegs.  Deshalb steigt die Chance, dass Sanktionen Wirkung entfalten, mit jedem zusätzlichen Schritt. Europas Regierungen tun, auch wenn’s wehtut, daher recht daran, den wirtschaftlichen Druck auf die Kriegstreiber in Moskau immer weiter zu verstärken.

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