Berlin fordert Marshall-Plan für die Ukraine
Die G7-Staaten haben einen entschiedenen Kurs gegen Russland und massive Hilfen für die Ukraine beschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonten zum Abschluss des Gipfeltreffens auf Schloss Elmau am Dienstag die Geschlossenheit der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten. „Die G7 stehen unverbrüchlich an der Seite der Ukraine“, sagte Scholz, der von einem unbarmherzigen Krieg Russlands sprach und einen Marshall-Plan für den Wiederaufbau der Ukraine forderte. Er kündigte eine gemeinsame Konferenz zusammen mit der EU-Kommission dazu an.
Die G7 bekannten sich zur Einhaltung der Klimaschutzziele, befürworteten aber ausdrücklich, dass vorübergehend Investitionen etwa in den Gassektor akzeptabel seien, um die Abhängigkeit von russischer Energie möglichst schnell abzubauen. Die G7 wollen zudem prüfen, wie ein Preisdeckel für russische Öl durchgesetzt werden kann.
Russlands Invasion der Ukraine überschatteten die dreitägigen Beratungen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Kanadas und Japans. Um für die westliche Russland-Politik und die Sanktionen zu werben, waren fünf wichtige Schwellenländer des Südens zum G7-Gipfel eingeladen worden – Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien.
Eine zentrale Rolle spielten Beratungen, wie die G7 den Druck erhöhen können, um Russlands Präsident Wladimir Putin zum Einlenken zu bewegen. Nur wenn er ein Scheitern seiner Ziele akzeptiere, könne es einen Friedensschluss geben, sagte Scholz. Die sieben Regierungen unterstrichen den endgültigen Bruch mit Russland. „Uns allen ist klar, dass es kein Zurück geben kann und wird zu der Zeit vor diesem Krieg“, sagte Scholz. „Darum sind Entschlossenheit und Geschlossenheit eben so wichtig.“
Die G7 warben etwa mit einem 600 Milliarden-Dollar-Paket für Investitionen und einem 4,5 Milliarden Dollar schweren Hilfspaket gegen Hungersnot um die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländer. Gleichzeitig grenzten sie sich von China ab. Die Regierung in Peking müsse Russland auffordern, seine militärische Aggression zu beenden und seine Truppen „unverzüglich und bedingungslos aus der Ukraine abzuziehen“, heißt es in der Erklärung. „Zunächst einmal erwarten wir, dass die Sanktionen, die wir miteinander und mit vielen anderen zusammen gegen Russland ins Werk gesetzt haben, nicht unterlaufen werden“, sagte Scholz.
Warnung vor China-Abhängigkeit
Die G7 äußerten sich sehr besorgt über die Menschenrechtslage in China. Man wolle in Asien verstärkt mit anderen Staaten zusammenarbeiten. „Das wird dazu beitragen, dass die Balance der politischen Handlungsmöglichkeiten so groß ist, wie wir das brauchen für eine gute Entwicklung der Weltwirtschaft, aber auch der Welt“, fügte Scholz mit Blick auf die Warnungen vor einer zu großen Abhängigkeit von der chinesischen Wirtschaft hinzu.
Klima-Club der Industriestaaten
Während die Einrichtung eines sogenannten Klima-Clubs zur besseren Vergleichbarkeit der Maßnahmen gegen Klimawandel bis Jahresende beschlossen wurde, gab es besonders bei der Energiepolitik mit Blick auf Russland Kontroversen. „In diesen außergewöhnlichen Umständen können öffentlich unterstützte Investitionen in den Gassektor als vorübergehende Maßnahmen angemessen sein“, heißt es nun, was eine leichte Abkehr vom Ausstieg aus Investitionen in fossile Energien bedeutet. Oberstes Ziel sei, sich möglichst schnell von russischem Öl und Gas unabhängig zu machen – unter Einhaltung der Klimaschutzziele. Ausdrücklich werden dabei etwa Investitionen in Flüssiggas (LNG) begrüßt, weil LNG eine wachsende Bedeutung bekommen müsse.
Preisobergrenzen für Öl angestrebt
Die G7 wollen zudem Russlands in der Krise sogar noch gestiegene Einkünfte aus Energieexporten beschneiden. So sollen Preisobergrenzen für russisches Öl geprüft werden, heißt es in der Abschlusserklärung. Die Durchsetzung soll in Verhandlungen mit anderen Ländern erreicht werden. Scholz und Macron sprachen von einer sehr schwierigen Aufgabe.
Zudem zielen die G7-Staaten darauf, auch die Transportmöglichkeiten für russisches Öl zu begrenzen. Hintergrund ist, dass Tanker Sicherheitszertifikate und Versicherungen benötigen. „Wir laden alle gleichdenkenden Länder ein, sich unseren Maßnahmen anzuschließen“, heißt es mit Blick auf Demokratien wie Indien. Indien hat ebenso wie China seine Ölimporte aus Russland seit Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich erhöht.