POLITISCHE FOLGEN DER PANAMA-PAPERS

Berlin will Transparenz bei Offshore-Firmen

Deutsches Steuerssystem beugt Verschleierung durch Briefkastenunternehmen vor - Banken wieder im Visier der Politik

Berlin will Transparenz bei Offshore-Firmen

Die Enthüllung über die weltweite Verschiebung von Milliardenbeträgen mit Hilfe der Panamaer Kanzlei Mossack Fonseca in Steueroasen hat eine Reihe von Regierungen auf den Plan gerufen. In zahlreichen Ländern wurden Untersuchungen und auch Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche angekündigt. Berlin sieht das deutsche Rechtssystem indes gut aufgestellt. In Brüssel wurde auf laufende Initiativen verwiesen.wf/rh Berlin/Brüssel – “Was uns fehlt, und das ist der eigentliche Kernpunkt, ist die Transparenz”, resümiert der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Blick auf die “Panama Papers” vor der Presse in Berlin. “Wir müssen hier Licht ins Dunkel bringen. Wir müssen dieses Unterholz ausleuchten.” Die Recherche der “Süddeutschen Zeitung” mit den Sendern NDR und WDR, auf der Basis von mehr als 11 Millionen zugespielter Daten der Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama förderte zahlreiche Briefkastenfirmen in Steueroasen zutage, in die Spitzenpolitiker, Sportgrößen und andere Prominente sowie ihre Familienmitglieder, Freunde und engen Berater Geld verschoben haben. Den Berichten zufolge gehören zu dem Kreis Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko soll eine Briefkastenfirma gegründet haben. Weltweit sollen fast 130 Politiker unter den Mandanten der Kanzlei sein.Das Bundesfinanzministerium in Berlin zieht aus der Recherche den Schluss: Es gibt offenbar Staaten, in denen rechtliche und wirtschaftliche Strukturen so aufgesetzt werden können, dass unklar bleibt, ob in den Unternehmen tatsächlich Geld erwirtschaftet wird. “Das darf nicht sein”, erklärte der Sprecher von Schäuble. In Deutschland sei die Frage der Besteuerung dagegen eindeutig geregelt. Es gebe wirksame Instrumente gegen Steuerumgehung über Briefkastenfirmen: Kapital, das aus ausländischen Gesellschaften transferiert werde, müsse im Unternehmen einen betrieblichen Zweck erfüllen. Andernfalls werde das erzielte Einkommen dem Gesellschafter direkt zugerechnet und dieser müsse es versteuern. Im Fall einer substanzlosen Gesellschaft greife die sogenannte Zuwendungsbesteuerung. Wäre von vornherein ersichtlich, dass Geld in eine substanzlose Briefkastenfirma fließt, dann falle Schenkungssteuer an. Deutsche Prominente sind bei den Recherchen bislang nicht aufgetaucht. “Brüssel bereits initiativ”Die EU-Kommission betonte in Reaktion auf die Veröffentlichung der “Panama Papers”, dass der Kampf gegen die Steuerflucht seit dem ersten Amtstag zu den Prioritäten der Kommission Juncker zähle. Der Steuerkommissar Pierre Moscovici bezeichnete die Enthüllungen gegenüber dem französischen Sender RTL als “exzellente Nachricht”. Kommissionssprecher verwiesen vor den Medien auf eine Reihe von einschlägigen Initiativen, welche die EU bereits ergriffen hat oder plant. So erinnerten sie an die kürzlich eingeführte Pflicht für EU-Banken, Schlüsseldaten wie Gewinne und bezahlte Steuern länderweise aufzuschlüsseln.Von den Enthüllungen direkt betroffen ist die Ehefrau des EU-Klima- und Energiekommissars Miguel Arias Cañete, die eine Vollmacht über eine Firma in Panama besessen haben soll. Der Chefsprecher der Kommission sagte jedoch, laut Angaben von Cañete sei diese Firma seit Jahren inaktiv, lange bevor er 2014 sein Amt als Kommissar übernommen habe. Cañete habe den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker informiert, sobald ihn Journalisten zu diesem Fall befragt hätten. Cañetes Erklärung über Interessen, die er wie jeder neue Kommissar vor der Bestellung vorzulegen hatte, scheine mit dem Verhaltenskodex für Kommissare in Einklang zu stehen, da sie alle beruflichen Aktivitäten und finanziellen Interessen seiner Ehefrau enthalten habe, die einen möglichen Interessenkonflikt verursachen könnten, fügte der Sprecher an. Druck auf PanamaAus dem Bundestag forderte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Antje Tillmann, Panama dazu auf, sich zum Informationsaustausch nach OECD-Standard zu bekennen und diesen umgehend umzusetzen. “Die bisherigen Anstrengungen Panamas, gegen Steuerhinterziehung vorzugehen, reichen nicht.” Deutschland verfolge zudem seit Jahren den Abschluss eines bilateralen Vertrags zum steuerlichen Informationsaustausch. Ein bereits 2013 ausverhandeltes Abkommen habe Panama immer noch nicht unterzeichnet, konstatierte Tillmann. Panama würde damit als Steueroase ausgetrocknet.Für Carsten Schneider, Vizevorsitzender der SPD-Fraktion, zeigen die “Panama Papers”, dass die internationalen Standards der OECD gegen Geldwäsche und zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten nicht konsequent und schnell genug umgesetzt würden. “Geldwäsche und Steuerhinterziehung wäre außerdem ohne die Beihilfe von Banken nicht möglich”, erklärte Schneider. “Wir fordern deshalb eine strengere Beaufsichtigung der Banken und müssen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts prüfen.” Der Bankenverband BdB erklärte, er verurteile jede Form von Steuerhinterziehung oder Geldwäsche. “Wer gegen das Gesetz verstößt, muss belangt werden.” Alle Geschäfte der Mitgliedsinstitute des BdB unterlägen jedoch vielfältigen Compliance-Vorschriften, deren Einhaltung durch unabhängige Prüfer und Behörden sichergestellt sei.