Ukraine-Krieg

Biden-Reise nährt Spekulationen über Ölembargo

Gespräche zwischen Moskau und Kiew kommen nicht voran. Laut Außenministerin Annalena Baerbock muss die EU mit acht Millionen Kriegsflüchtlingen rechnen.

Biden-Reise nährt Spekulationen über Ölembargo

rec Frankfurt

Vor einer Europareise von US-Präsident Joe Biden nehmen Spekulationen über ein mögliches Embargo der Europäischen Union auf Ölimporte aus Russland zu. Die Außenminister der EU-Staaten würden über weitere Sanktionen gegen Russland sprechen, sagte der EU-Außenbeauftragte­ Josep Borrell. Dazu gehörten auch Sanktionen gegen russische Ölexporte. Die Bundesregierung sperrt sich nach wie vor dagegen mit dem Argument, auf Öl­importe aus Russland angewiesen zu sein. Die Spekulationen trieben zu Wochenbeginn die Ölpreise.

Vor dem Hintergrund ununterbrochener Angriffe der russischen Ar­mee in der Ukraine mehren sich in der EU Stimmen für ein fünftes Sanktionspaket. Dabei geraten Energielieferungen aus Russland zunehmend in den Fokus. Die US-Regierung ist bereits mit einem Importstopp für russisches Öl und Gas vorgeprescht. Insofern könnte der Druck auf die EU-Staaten steigen, wenn US-Präsident Joe Biden Mitte der Woche nach Europa reist. Biden nimmt nach An­gaben des Weißen Hauses am Donnerstag an den Gipfeltreffen von Na­to, EU und G7-Staaten teil und reist am Freitag weiter nach Warschau.

Russlands Führung warnte die EU vor den Konsequenzen eines möglichen Embargos für russische Öllieferungen. „Ein solches Embargo hätte sehr schwerwiegende Auswirkungen auf den weltweiten Ölmarkt und auf die Energiebilanz des europäischen Kontinents“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die USA hätten be­reits einen Lieferstopp für russisches Öl verhängt. Die Amerikaner würden dabei nichts verlieren und am Ende besser dastehen als die Europäer.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi rief Deutschland angesichts immer größerer Zerstörung und der Flucht von Millionen Menschen durch den russischen Angriffskrieg zu einem Boykott von russischem Gas und anderer Güter auf. „Sponsert bitte nicht die Kriegsmaschine von Russland“, sagte Selenskyj am Montag in einer Videobotschaft, die in den sozialen Medien verbreitet wurde.

Die Ukrainer weigern sich, in der schwer zerstörten Hafenstadt Mariupol zu kapitulieren. Russisches Militär belagert sie seit Wochen. In der Hauptstadt Kiew starben in der Nacht zu Montag mindestens acht Menschen beim Beschuss von Wohnhäusern und eines Einkaufszentrums. Auch in der Hafenstadt Odessa soll es russische Angriffe gegeben haben. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau wurden im Nordwesten der Ukraine mehr als 80 Kämpfer der ukrainischen Seite auf dem Truppenübungsplatz Nowa Ljubomyrka im Gebiet Riwne bei einem Raketenangriff getötet. Die Angaben waren nicht unabhängig zu überprüfen.

Trotz neuer Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Vertretern gibt es weiter keine sichtbaren Fortschritte. Moskau sieht nach wie vor keine Voraussetzungen für ein Treffen von Präsident Wladimir Putin mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyi. „Sie haben einfach nichts zum Festklopfen, keine Vereinbarungen, die sie festhalten könnten“, sagte Kremlsprecher Peskow der Agentur Interfax zufolge vor den Gesprächen.

Die EU-Staaten wollen der Ukraine mehr Geld zum Kauf von Waffen geben. Bundesaußenministerin Anna­lena Baerbock (Grüne) sagte laut der Nachrichtenagentur Reuters am Montag in Brüssel, die EU werde das Volumen für Waffenlieferungen an die Ukraine auf 1 Mrd. Euro verdoppeln. Die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass Bestellungen bei deutschen Rüstungsfirmen schnell realisiert würden, sagte sie am Rande von Beratungen der EU-Außen- und Vertei­digungsminister.

Die EU muss nach Einschätzung von Baerbock mit acht Millionen Kriegsflüchtlingen rechnen – deutlich mehr als bislang angenommen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind circa zehn Millionen Ukrainer wegen des Kriegs auf der Flucht. Davon seien fast 3,5 Millionen ins Ausland geflohen. Die meisten sind in Polen angekommen, inzwischen mehr als zwei Millionen. Die FDP im Bundestag machte sich für ein internationales Krisentreffen zur Verteilung Geflüchteter stark.

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