„Bleibt hinter den Ambitionen des Koalitionsvertrags zurück“
ahe Brüssel
Die europapolitische Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz in Prag ist von zahlreichen Europapolitikern eher zurückhaltend aufgenommen worden. „Die Rede bleibt hinter den Ambitionen des Koalitionsvertrags zurück“, kritisierte Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland, die rund 250 Mitgliedsorganisationen bündelt. „Kein Wort zum Koalitionsversprechen eines Europäischen Konvents, keine entscheidende Neuerung zur Lösung der Krise der Rechtsstaatlichkeit in Europa und keine konkreten Vorschläge zur Stärkung des Europaparlaments“, so Selle. Die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen sei für eine handlungsfähige EU zwar dringend notwendig, reiche aber nicht aus.
Der Generalsekretär der überparteilichen Europa-Union Deutschland, Christian Moos, monierte ebenfalls einen „Stillstand in der deutschen Europapolitik“. Die Rede von Scholz bleibe unverbindlich und „keine echte Europa-Initiative“. Auch Moos verwies darauf, dass bereits der Koalitionsvertrag viele wichtige Weichen für ein stärkeres Europa gestellt habe. Dies sei zwar vor dem Krieg geschehen. Dieser hebe die Bedeutung der europapolitischen Vorhaben aber nicht auf, sondern mache sie nur noch dringlicher.
Der Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, vermisste in der Rede Themen wie die Reform des europäischen Wahlrechts oder eine Stärkung des EU-Parlaments. Gut sei, dass Scholz die deutsche Position bei den Fiskalregeln geöffnet und deutlich gemacht habe, dass die Bundesrepublik Interesse an stabilen, umsetzbaren und investitionsfreundlicheren Fiskalregeln habe. Der Austeritätskurs gehöre der Vergangenheit an.