BREXIT WIRFT VIELE FRAGEN AUF

Brexit ist ein Ärgernis für Peking

Chinas Premier bekräftigt Einhaltung des Wachstumsziels - Yuan unter Druck

Brexit ist ein Ärgernis für Peking

nh Schanghai – Die Verunsicherung an den Finanzmärkten über einen bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der EU färbt nun auch stark auf den chinesischen Renminbi ab. Am Montag setzte die Zentralbank den Referenzkurs 0,9 % schwächer auf 6,375 Yuan zum Dollar an. Im Handel tendierte die chinesische Devise bei rund 6,64 Yuan zum Dollar etwa 0,4 % leichter als am Freitag und notierte auf dem schwächsten Niveau seit Dezember 2010.In den letzten Wochen hatte die People’s Bank of China (PBOC) versucht, dem latenten Abwertungsdruck standzuhalten und die Währung zwischen 6,50 und 6,60 Yuan je Dollar zu stabilisieren. Mit dem vom Brexit ausgelösten Marktschock und der neuerlichen Flucht in den Dollar scheint man bei der PBOC aber keine Chance gesehen zu haben, die von Experten bislang als kritisch beurteilte Marke von 6,60 Yuan je Dollar zu verteidigen. Dies hätte einen enormen Interventionsbedarf ausgelöst. Die Zentralbank dürfte aber auch am Montag eingegriffen haben, um den Yuan-Kurs relativ nahe am zentralen Mittelkurs zu halten.Chinas Premierminister Li Keqiang versuchte am Montag auf dem “Sommer-Davos” genannten Weltwirtschaftsforum in Tianjin neue Bedenken über Beeinträchtigungen der chinesischen Wirtschaft zu zerstreuen. Zwar müsse man mit kurzfristigen Fluktuationen rechnen, doch habe China genug Möglichkeiten, systemische Risiken abzuwehren. Auch wenn die Erholung der Weltwirtschaft hinter den Erwartungen zurückbleibe, werde es China gelingen, das für 2016 anvisierte Ziel eines Wachstums zwischen 6,5 % und 7 % zu erreichen, bekräftigte Li. Trotz des Ausstiegs Großbritanniens wolle China seine Wirtschaftsbeziehungen sowohl mit der Europäischen Union als auch mit Großbritannien weiter ausbauen.Für Peking gilt der unerwartete Ausgang des Brexit-Referendums als erhebliches Ärgernis, nachdem es im vergangenen Jahr zu einer erheblichen Vertiefung der Handels- und Finanzbeziehungen zwischen China und Großbritannien und dem Anstoßen zahlreicher bilateraler Investitionsprojekte gekommen war. Dabei versprach man sich in China viel davon, Großbritannien beziehungsweise London als einen Brückenkopf für EU-gerichtete Investitionsoffensiven sowie für die Verbreitung des Yuan als internationale Handels- und Anlagewährung nutzen zu können. Dämpfer bei InvestitionenNun allerdings rechnen die Experten mit einem Dämpfer für die chinesische Investitionstätigkeit in Europa. Wenn Großbritannien künftig nicht mehr als Eintrittspforte für den EU-Binnenmarkt angesehen werden kann, dürfte künftig weniger chinesisches Geld nach Großbritannien und in den Rest Europas fließen, heißt es in einer Einschätzung des auf China-Fragen fokussieren Researchinstituts Merics in Berlin.Am chinesischen Aktienmarkt sah man am Montag trotz der gedrückten Stimmungslage nach dem Referendum allerdings eine überraschende Festigung. Der Shanghai Composite zog um 1,4 % auf 2 896 Punkte an. Dabei reagierten die Anleger insbesondere auf neue Zusicherungen, dass die chinesische Regierung die Überkapazitätsproblematik in der Kohle- und Stahlindustrie härter angehen will. Daraufhin zogen entsprechende Branchenwerte kräftig an.