Britischer Jobmarkt gibt Rätsel auf

Interpretationsbedürftige Daten - 600 000 Arbeitsplätze sind weg

Britischer Jobmarkt gibt Rätsel auf

hip London – Die jüngsten Daten zum britischen Arbeitsmarkt haben für Verwirrung gesorgt, schlug sich die Coronavirus-Pandemie darin doch nicht ganz so deutlich nieder wie von manchen Bankvolkswirten erwartet. Die vom Statistikamt ONS nach den Methoden der Internationalen Arbeitsagentur (ILO) erhobene Arbeitslosenquote verharrte in den drei Monaten bis April bei 3,9 %. Ökonomen hatten dagegen im Schnitt mit einem Anstieg auf 4,7 % gerechnet.In den Daten spiegelt sich die große Zahl der Menschen wider, die in den Zwangsurlaub geschickt wurden. Mittlerweile sind 9,1 Millionen Beschäftigte beim Corona Virus Job Retention Scheme angemeldet – mehr als ein Viertel aller Arbeitnehmer. Der Staat übernimmt bislang 80 % ihrer Bezüge bis zu einem Höchstbetrag von 2 500 Pfund pro Kopf und Monat sowie die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Allerdings sollen Arbeitgeber ab August einen schrittweise zunehmenden Teil der Kosten der arbeitsplatzerhaltenden Maßnahmen tragen. Sollten sie das nicht können, werde es zu Entlassungen kommen, schrieb die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins in einer ersten Einschätzung. Dann werde sich die Krise zeitverzögert in den Arbeitsmarktdaten zeigen. Martins geht für das Jahresende von einer Arbeitslosenquote von 7,2 % aus – “leider plausibel, selbst wenn es bislang noch keine Hinweise auf einen Anstieg gibt”.Zugleich teilte das Statistikamt mit, dass die Zahl der Arbeitstätigen, für die der Arbeitgeber über das PAYE-System (Pay As You Earn) Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführt, zwischen März und Mai nach ersten Schätzungen um 2,1 % zurückgegangen ist. Demnach wären in dieser Zeit trotz des Lohnsubventionierungsprogramms der Regierung 612 000 Stellen verschwunden. Die Zahl der offenen Stellen verringerte sich im Vergleich zum vorangegangenen Dreimonatszeitraum um 342 000. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ging um 8,7 % zurück.Frances O’Grady, Generalsekretärin des Gewerkschaftsdachverbands TUC, rief umgehend “Alarmstufe Rot” aus. Jetzt sei entschlossenes Handeln nötig, um bleibende wirtschaftliche Schäden zu vermeiden. Firmen des Gastgewerbes, darunter die Restaurantketten Pizza Hut und Wagamama, warnten unterdessen vor Arbeitsplatzverlusten, sollten die Vorgaben zur sozialen Distanzierung nicht gelockert werden. Großbritannien fordert weiterhin zwei Meter Mindestabstand. – Wertberichtigt Seite 6