Brüssel legt Digitalabgabe vorerst auf Eis
ahe Brüssel
Die EU-Kommission verschiebt ihre Pläne für die Einführung einer Abgabe für Digitalunternehmen. Wie ein Sprecher am Montag mitteilte, will die Behörde ihre Anstrengungen jetzt zunächst darauf konzentrieren, den Einigungsprozess für eine weltweite Mindestbesteuerung erfolgreich abzuschließen. Es brauche noch eine letzte gemeinsame Anstrengung, um das Vorhaben wie geplant bis Oktober zu vollenden. Im Herbst werde die EU-Kommission dann die Situation neu bewerten, hieß es.
Die Brüsseler Behörde reagierte damit auf die Verständigung vom Wochenende im Rahmen des G20-Finanzministertreffens. Eigentlich wollte die EU-Kommission Details für eine europaweite Digitalabgabe in der kommenden Woche vorstellen. Diese sollte nicht nur die Unternehmensbesteuerung fairer gestalten, sondern auch zur Finanzierung des EU-Wiederaufbaufonds beitragen – ebenso wie weitere neue Eigenmittel für den EU-Haushalt, die ebenfalls nächste Woche präsentiert werden.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bewertete die Verschiebung der Brüsseler Pläne als ein Zeichen, dass nun auch tatsächlich eine globale Einigung erreichbar sei. In der EU haben allerdings bereits Länder wie Frankreich, Italien und Spanien nationale Digitalsteuern eingeführt. Und US-Finanzministerin Janet Yellen hatte schon bei dem G20-Treffen in Venedig dafür plädiert, nationale Abgaben oder Steuern angesichts der globalen Verständigung zurückzustellen.
In Brüssel diskutierte Yellen das Thema am Montag auch in der Eurogruppe. An der Sitzung nahmen auch die Finanzminister der Nicht-Euro-Staaten der EU teil. Dabei rief Yellen ihre Amtskollegen dazu auf, die globale Lösung zu unterstützen. Die Staaten bräuchten verlässliche Einnahmequellen, die nicht darauf beruhten, Löhne noch stärker zu besteuern und die wirtschaftlichen Ungleichheiten zu verschärfen, sagte sie laut Redetext.
Drei EU-Länder geben Kontra
Yellen kam vor der Eurogruppen-Sitzung auch noch zu Einzelgesprächen mit verschiedenen EU-Spitzenpolitikern zusammen, unter anderem mit Kommissionsvize und Handelskommissar Valdis Dombrovskis. Dieser betonte im Anschluss, die EU sei bestrebt, eng mit den USA zusammenzuarbeiten, um eine starke und nachhaltige globale Erholung zu erreichen. Dombrovskis dankte Yellen zugleich ausdrücklich dafür, dass sie „den entscheidenden Vorstoß für ein gerechteres Steuersystem“ auf der Ebene der Industrieländerorganisation OECD unternommen hatte.
Allerdings lehnen weiterhin drei EU-Länder die Einigung auf eine globale Mindestbesteuerung von 15% ab: Irland, Ungarn und Estland. Irlands Finanzminister und Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe bekräftigte am Montag noch einmal die Vorbehalte gegenüber den Plänen.
Der EU-Abgeordnete Markus Ferber bezeichnete dies als eine „herbe Enttäuschung“. Die drei Staaten müssten sich erklären. Aber auch die EU-Kommission müsse nun schnell mitteilen, was dies für die europäische Umsetzung der Pläne bedeute. „Immerhin gilt im Rat bei Steuerthemen Einstimmigkeit”, betonte der CSU-Finanzexperte, der zugleich vorschlug, die Idee einer europäischen Digitalabgabe jetzt ganz fallen zu lassen. Viel wichtiger sei es, dass es bei der europäischen Umsetzung der Mindestbesteuerung keine Ausnahmen für die Finanzbranche und für steuerrechtliche Vorzugsbehandlung über Steuervorbescheide gebe, so sein Argument.
Rasmus Andresen, Haushaltsexperte der Grünen im EU-Parlament, warnte dagegen davor, die Pläne für eine EU-Digitalsteuer auf Druck der US-Regierung abzuschwächen. „ Wir fordern die Kommission dazu auf, mutig zu sein“ und nicht auf Druck der US-Administration Facebook, Google und Apple zu verschonen. Nach Einschätzung von Andresen sollte die EU-Kommission sogar einen Steuersatz von 25% statt den auf G20-Ebene vereinbarten Mindestsatz von 15% für die großen US-Digitalkonzerne vorschlagen.