Bürokratie bremst Investitionen aus
Bürokratie bremst Investitionen aus
Normenkontrollrat warnt vor Folgen praxisferner deutscher Gesetze
lz Frankfurt
Der Bürokratieabbau kommt gegen die Welle neuer bürokratischer Regeln nicht an. Der Vorsitzende des Normenkontrollrats Lutz Goebel rechnet zwar mit einer Abbremsung der Überbürokratisierung in Deutschland durch jüngste Bemühungen der Bundesregierung, zweifelt aber an der notwendigen Trendumkehr. Je nach Branche und Größe müssten Unternehmen „rund 3% ihres Umsatzes für Bürokratiepflichten aufwenden, teilweise sogar noch mehr“, kritisierte er im Interview der Börsen-Zeitung. Das begrenze Spielräume für Innovationen und habe darüber hinaus psychologische Folgen, weil Bürokratie Prozesse verlangsame und Investitionen deshalb eher im Ausland als im Inland getätigt würden.
Problem ist seiner Meinung nach der Gesetzgebungsprozess insgesamt: Neue Gesetze würden in den Ministerien nicht praxistauglich genug und handwerklich nicht sauber genug konzipiert. Sachverstand von außen werde häufig „nur noch pro forma und viel zu kurzfristig beteiligt“. Besser wäre es, diesen schon bei der Analyse des politischen Auftrags oder des zu lösenden Problems mit Betroffenen und Vollzugsexperten einzubinden. Goebel: „Heute bekommen die Betroffenen eine Woche Zeit, um 100 Seiten Gesetzentwurf zu kommentieren – obwohl dann eigentlich nicht mehr viel verändert werden kann.“
Häufig beginnt die bürokratische Welle nach Darstellung von Goebel aber bereits bei der Konzeption von EU-Richtlinien in Brüssel, wie beim viel kritisierten Energieeffizienzgesetz. Deutschland, so Goebel, müsse daher „schon vorher bei den Verhandlungen in Brüssel viel energischer auf bürokratiearmen Vorschriften bestehen“. Bundesministerien aber kümmerten sich aktuell noch nicht intensiv genug um die Folgen solcher Richtlinien. Im Hinblick auf den AI Act, der die Anwendung künstlicher Intelligenz in der EU seit Monatsanfang reguliert, ist die Technologie obendrein noch stark in Bewegung. Regelungen müssten sich dieser Entwicklung dynamisch anpassen. Goebel bezweifelt allerdings, dass die derzeitigen Gesetzgebungsverfahren in der EU dafür flexibel genug sind.