Ifo-Studie

Bürokratielasten viel höher als bisher geschätzt

Die bürokratische Aufwand in deutschen Unternehmen vernichtet Wirtschaftsleistung in Höhe von 146 Mrd. Euro, hat das Ifo-Institut berechnet. Entbürokratisierung ist dringlicher denn je. Schweden und Dänemark sind Vorbilder.

Bürokratielasten viel höher als bisher geschätzt

Bürokratielasten viel höher als bisher gedacht

Ifo-Studie: 146 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung gehen verloren – Digitalisierung dringlich

lz Frankfurt

Jährlich entgehen Deutschland bis zu 146 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung durch überbordende Bürokratie. In einer Studie hat das Ifo-Institut die direkten und indirekten Kosten, die durch Bürokratie in Deutschland entstehen, neu durchgerechnet und dabei festgestellt, dass die Gesamtkosten mehr als doppelt so hoch liegen als in anderen Schätzungen kalkuliert. Der Normenkontrollrat etwa kommt auf direkte Bürokratiekosten von 65 Mrd. Euro pro Jahr.

Entbürokratisierung dringlicher denn je

„Das verdeutlicht die Dringlichkeit des Reformbedarfs“, betonen die Ifo-Forscher. „Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert“, sagt Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik. Die Innovation von Geschäftsmodellen, Ideen für besseren Kundenservice, das Erobern neuer Märkte – all diese genuin unternehmerischen Tätigkeiten würden zunehmend verdrängt durch Berichtspflichten und Regulierung. Bürokratie verursache für Firmen immense Kosten, blockiere Ressourcen und lähme die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Grundlage für die Berechnungen ist ein „Bürokratie-Index“, der für eine Vielzahl von Ländern den Bürokratieaufwand in für die Unternehmen relevante Bereichen abbildet. Auf dieser Basis identifizieren die Forscher Länder, die tiefgreifende Bürokratiereformen umgesetzt haben, und verfolgen deren wirtschaftliche Entwicklung über die Zeit. Damit simulieren sie die Wirkung einer Bürokratiereform, die Deutschland auf das niedrige Bürokratieniveau etwa von Schweden, dem Spitzenreiter im Bürokratie-Index, gebracht hätte.

Dänemark und Schweden vorbildlich

Einer der Gründe für die hohen Kosten liegt den Angaben zufolge an der mangelnden Digitalisierung des Staates und seiner Behörden. „Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Mrd. Euro pro Jahr höher“, schildert Falck und sieht das als ein schlagendes Argument für Entbürokratisierung.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, die diese Studie in Auftrag gegeben hat, fordert angesichts der hohen Kosten ein sofortiges Bürokratie-Moratorium. „Der Schaden im dreistelligen Milliardenbereich ist gigantisch“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.

Berichtspflichten prüfen

Alle Nachweis-, Dokumentations- und Berichtspflichten sowie Statistikmeldungen gehörten auf den Prüfstand, ebenso alle Datenschutzvorgaben und Verwaltungsverfahren. Sie müssten verschlankt und teilweise abgeschafft werden – in Berlin und Brüssel. Die Verwaltungsdigitalisierung müsse vorankommen. „Die Unternehmen brauchen einen zentralen Online-Zugang zu allen wirtschaftsrelevanten Leistungen und bundesweit einheitliche, nutzerfreundliche Lösungen.“


Mehr zum Thema:

Bürokratie treibt Unternehmen ins Ausland

Unternehmen zunehmend verzweifelt

Der komplizierte Kampf gegen die Bürokratie

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.