Coronakrise

Bund und Länder müssen auf die Bremse treten

Am Montag beraten Bund und Länder erneut über den Kurs in der Corona-Pandemie. Statt weiterer Lockerungen wird der Griff zur vereinbarten Notbremse wahrscheinlicher. Vielleicht geht es danach sogar in den Rückwärtsgang.

Bund und Länder müssen auf die Bremse treten

sp Berlin

Kaum drei Wochen ist es her, dass Bund und Länder gemeinsame Regeln für vorsichtige Öffnungsschritte aus dem coronabedingten Teil-Lockdown vorgestellt haben. Am Montag kommen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die 16 Länderchefs erneut zu Beratungen über den weiteren Coronakurs zusammen. Doch statt weiterer Lockerungen dürfte vor allem die mit der Öffnungsstrategie Anfang März beschlossene Notbremse im Fokus stehen, die für Regionen mit mehr als 100 Neuinfektionen pro 100000 Einwohnern in den zurückliegenden sieben Tagen eine Rückkehr in den Zwangsstillstand vorsieht. „Aus meiner Sicht – mindestens“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Denn die in den vergangenen Tagen rasant gestiegenen Infektionszahlen könnten bedeuten, dass statt weiterer Öffnungsschritte „sogar Schritte rückwärts“ nötig werden. Die dritte Coronawelle sei in vollem Gange und könne auch nicht mehr durch Impfungen gestoppt werden, räumte Spahn ein. „Alle Szenarien, die wir sehen, laufen im Moment darauf hinaus, dass sich die Intensivstationen wieder sehr stark füllen.“

Am Freitag meldete das Robert-Koch-Institut mehr als 17000 Neuinfektionen – den höchsten Tageswert seit gut zwei Monaten. Die Sieben-Tages-Inzidenz stieg bundesweit auf 95,6 und dürfte über das Wochenende über die Marke von 100 springen. RKI-Vizepräsident Lars Schaade stellte in Aussicht, dass um Ostern ähnlich hohe Fallzahlen wie an Weihnachten zu erwarten seien und die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Patienten steigen werde. „Verbringen Sie die Ostertage nur im engsten Kreis“, appellierte Schaade. „Ich bitte Sie, verzichten Sie auf Reisen im In- und Ausland.“

Hamburg rudert zurück

Einige Bundesländer lagen bereits am Freitag über einer Inzidenz von 100, die gemäß der Bund-Länder-Beschlüsse von Anfang März die „Notbremse“ bei den Lockerungen auslöst. „Wir müssen zurück in den Lockdown“, forderte deshalb der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach in Berlin. Andernfalls würde die Inzidenz bis Mitte April auf mehr als 200 steigen und die Intensivstationen würden überlastet werden. Hamburg zog bereits am Freitag die Notbremse und schließt ab Samstag wieder Einzelhandel, körpernahe Dienstleistungen sowie Museen und Galerien.

Um das weiterhin schleppende Impftempo in Deutschland zu erhöhen, sprach sich der Gesundheitsminister am Freitag für eine früheren Beginn der Impfungen in Hausarztpraxen aus. Die Gesundheitsminister der Länder hatten vorgeschlagen, spätestens ab dem 19. April damit zu starten. Am Nachmittag berieten Bund und Länder bei einem Impfgipfel über Wege zur Beschleunigung der Impfungen.

Als Folge der Corona-Pandemie will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Neuverschuldung 2021 nochmals deutlich erhöhen. Der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr werde sich voraussichtlich auf über 60 Mrd. Euro belaufen, erfuhr Reuters am Freitag aus Koalitionskreisen. Damit würde die ohnehin geplante Neuverschuldung 2021 auf einen Rekordwert von über 240 Mrd. Euro steigen. Scholz will Details des Nachtragsetats wie auch die Eckwerte für den Haushalt 2022 am Mittwoch dem Kabinett vorlegen.