Bundesbank will neue Fiskalaufsicht

Überwachung der Haushaltsregeln soll von der EU-Kommission auf den ESM transferiert werden

Bundesbank will neue Fiskalaufsicht

Die Bundesbank dringt darauf, den Haushaltsregeln in der Eurozone mit einer weniger politischen Aufsicht mehr Schlagkraft zu verleihen. Anstelle der EU-Kommission solle künftig eine unabhängige Institution die Etats und die Einhaltung der Fiskalregeln überwachen, schlägt die Notenbank vor. Sie hat auch schon eine bestimmte Institution im Blick: den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).jw Frankfurt – Die Bundesbank hat die bestehende europäische Haushaltsüberwachung in ihrem gestern veröffentlichten Monatsbericht scharf kritisiert. Die Ökonomen bemängeln darin, dass die europäischen Fiskalregeln in den vergangenen Jahren nicht gestärkt, sondern geschwächt worden seien. “Die Regeln wurden immer komplexer und es wurden beträchtliche Ermessensspielräume eröffnet”, schreibt die Zentralbank. Die Europäische Kommission, die für die Überwachung der Einhaltung der Fiskalregeln zuständig ist, habe im Einvernehmen mit dem Rat der Europäischen Union zunehmend auf Flexibilisierung gesetzt. Trotz gewachsener Bedeutung der EU-Kommission im Rahmen der Fiskalregeln führe dies aber nicht zu einer strikteren Umsetzung. Mittlerweile sei die Umsetzung der Fiskalregeln durch die EU-Kommission “kaum noch nachvollziehbar”, schreibt die Bundesbank. Es bestehe der Eindruck, dass die Regelauslegung teils aus einem politischen Verhandlungsprozess resultiere. Die Regeln beinhalteten viele Ausnahmen und Entscheidungsspielräume, so dass anhaltend hohe Defizite über 3 % des Bruttoinlandsprodukts möglich seien. “Dabei scheinen die Regeln an die Finanzpolitik der einzelnen Länder angepasst zu werden und nicht umgekehrt”, beklagt die Bundesbank. Als Folge würden die quantitativen Ziele und Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts häufig verfehlt, und die Anreize für eine solide Fiskalpolitik träten in den Hintergrund. Hohe SchuldenquotenTrotz gesunkener Defizitquoten seien die Schuldenquoten in vielen Mitgliedstaaten weiter sehr hoch, schreibt die Bundesbank. Die niedrigen Zinsen entlasteten die Staatsfinanzen erheblich und milderten die Probleme aus hohen Schulden. Um künftig bei einer wenig expansiven Geldpolitik das Vertrauen in die Staatsfinanzen bewahren zu können, sei es wichtig, die Fiskalregeln nun wieder zu stärken. Die Ökonomen fordern daher eine “zielgenaue und weniger politische Herangehensweise”. Sie halten es für sinnvoll, die Überwachung und Regeleinhaltung von der EU-Kommission auf eine neue oder andere Institution, etwa den ESM, zu übertragen.Vergangene Woche hatte bereits die Europäische Zentralbank (EZB) die EU-Kommission in ihrem Wirtschaftsbericht in Bezug auf die wenig verbindliche Umsetzung des Fiskalpakts kritisiert. Die EZB hatte die EU-Behörde aufgefordert, bei der Umsetzung und Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie des Fiskalpakts konsequenter durchzugreifen. “Insgesamt ist die langsame und unvollständige Umsetzung des Fiskalpakts enttäuschend”, schrieb die EZB. In vielen Staaten werde der Fiskalpakt trotz Zusagen nicht hinreichend im nationalen Recht verankert. In Bezug auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt seien zu viele Länder noch zu sehr von ihren mittelfristigen Haushaltszielen entfernt (vgl. BZ vom 23. Juni).Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte wiederholt gefordert, der EU-Kommission aufgrund ihrer politischen Rolle die Überwachung der Haushaltsregeln für die Euro-Staaten zu entziehen. Die Debatte über eine Reform der Währungsunion steht jedoch noch am Anfang. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich für einen Finanzminister der Eurozone und ein eigenes Budget ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich dafür grundsätzlich offen. Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble liegt es nahe, dass ein Euro-Finanzminister auch die Haushalte kontrollieren darf, dies erfordere aber eine Änderung der EU-Verträge.