Bundesregierung stellt sich gegen Rezessionsängste
ms Frankfurt – Die Bundesregierung stellt sich gegen zunehmende Rezessionsängste in Deutschland und warnt vor Schwarzmalerei. Zugleich verstärkt sich aber auch in Berlin die Debatte über mögliche staatliche Maßnahmen zur Stützung der schwächelnden Konjunktur. Die Union pochte zum Wochenausklang etwa auf eine Senkung der Unternehmenssteuern, während die SPD eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ins Spiel brachte.Nachdem die deutsche Wirtschaft im Frühjahr um 0,1 % geschrumpft ist und jüngst auch die Bundesbank vor einem erneuten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal gewarnt hat, nehmen Sorgen vor einem Absturz der Wirtschaft zu. In der neuen Woche stehen mit dem Ifo-Geschäftsklimaindex und dem GfK-Verbrauchervertrauen zentrale Konjunkturindikatoren an. Zugleich gibt es Details zum Minus-Wachstum im zweiten Quartal.Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte unlängst aufhorchen lassen, als er über ein mögliches Gegensteuern gegen die Konjunkturschwäche gesprochen und eine Summe von rund 50 Mrd. Euro genannt hatte – auch wenn er klargemacht hatte, dass das aktuell kein Thema sei. Am Freitag hatte der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, in einer Umfrage der Börsen-Zeitung erklärt, dass er aktuell nichts von einem breiten Konjunkturpaket hält. Die Situation heute sei nicht mit der schweren Rezession 2008/2009 vergleichbar (vgl. BZ vom 23. August). Abkühlung der KonjunkturAuch das Bundeswirtschaftsministerium warnte am Freitag vor übertriebenem Konjunkturpessimismus. “Unser Anliegen ist es jetzt nicht eine Rezession herbeizureden”, sagte eine Sprecherin in Berlin. Man befinde sich nicht in einer Rezession. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellte sich gegen Krisengerede. “Im Moment erleben wir eine deutliche Abkühlung der Konjunktur, aber keine Wirtschaftskrise”, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Wir müssen auch aufpassen, dass wir uns nicht in eine Krise hereinreden”, sagte er.Dazu passend teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit, dass die deutsche Baubranche im Juni das größte Auftragsplus seit 25 Jahren verzeichnet hat. Die Aufträge wuchsen demnach zum Vorjahresmonat um 2,9 % auf 7,6 Mrd. Euro. Tatsächlich kriselt bislang primär die deutsche Industrie. Zugleich wächst aber die Sorge vor einem Überschwappen in andere Wirtschaftssektoren.Heil räumte zudem ein, dass es weltwirtschaftliche Risiken gebe, die nicht kalkulierbar seien: “Wir wissen zum Beispiel nicht, welche Auswirkungen ein harter Brexit auf uns und auf die Weltwirtschaft haben könnte.” Die Beschäftigung wachse aber nach wie vor. Allerdings nehme die Dynamik am Arbeitsmarkt ab, und die Kurzarbeit steige leicht. Für deutlich schlechtere Zeiten sei man aber gerüstet. Bei der Bundesagentur für Arbeit gebe es Krisenrücklagen.Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) drängte am Freitag auf Entlastungen für den Mittelstand. “Staatskunst ist, eine Rezession zu vermeiden – mit Entlastungen für Bürger und Mittelstand und einem umfassenden Bürokratieabbau”, sagte er dem “Spiegel”.Angesichts der konjunkturellen Abkühlung und des scharfen internationalen Wettbewerbs pochte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Freitag auf eine Senkung der Unternehmenssteuern. “Unser Ziel ist es, die Steuerbelastung sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften für nicht ausgeschüttete Gewinne bei maximal 25 % zu deckeln”, hieß es in einem Papier der Fraktion. De facto liege die Belastung aber bei 30 % bis 35 %, bei Personengesellschaften sogar bei 45 %. Die USA hätten die Unternehmenssteuern auf 21 % gesenkt, Frankreich peile 25 % an und viele andere Länder wollten nachziehen.Der kommissarische SPD-Co-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel forderte unterdessen eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer, was jährlich bis zu 10 Mrd. Euro einbringen könnte. Angedacht sei eine Vermögenssteuer von 1 %. Aus der Union gab es sogleich scharfen Widerspruch.