Anleihekäufe

Bundestagsexperten gegen EZB-Schuldenschnitt

Die Debatte über einen Schuldenerlass der EZB für hoch verschuldete Euro-Länder nimmt immer mehr Fahrt auf. Fachleute des Bundestags halten nun dagegen: Ein solcher Erlass würde gegen EU-Recht verstoßen.

Bundestagsexperten gegen EZB-Schuldenschnitt

ms Frankfurt

In der Debatte über einen Schuldenerlass der Europäischen Zentralbank (EZB) für hoch verschuldete Euro-Länder kommt nun klarer Widerspruch aus Deutschland. Experten des Bundestags halten einen partiellen Schuldenerlass durch die EZB, wie er vor allem in Südeuropa diskutiert wird, für problematisch. In einem Gutachten für den internen Gebrauch, über das die Zeitung „Die Welt“ berichtete, argumentieren die Fachleute, dass ein solcher Schritt gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung im EU-Vertrag verstoße.

Vor allem in Italien, aber auch in Griechenland mehren sich die Stimmen, die EZB solle zumindest einen Teil der staatlichen Schulden, die sie infolge ihrer Staatsanleihekäufe in den Büchern hält, streichen. Vielen Beobachtern gelten die in der Coronakrise stark gestiegenen Staatsschulden Italiens und anderer Euro-Länder als nicht dauerhaft tragfähig. Der Blick richtet sich dabei immer wieder auch auf Möglichkeiten der EZB. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zwar wiederholt klargemacht, dass ein Schuldenerlass nicht infrage komme. Trotzdem nimmt die Debatte zunehmend Fahrt auf.

Vor wenigen Tagen hatten mehr als 100 Wirtschaftswissenschaftler, darunter der bekannte französische Ökonom Thomas Piketty, die EZB in einem offenen Brief zu einem Schuldenerlass für die Staaten aufgefordert. Die EZB solle die von ihr gehaltenen staatlichen Schuldtitel in Höhe von insgesamt rund 2,5 Bill. Euro abschreiben, hieß es in dem Brief. Die Staaten sollten dann Mittel in gleicher Höhe in den ökologischen Umbau der Wirtschaft und soziale Projekte stecken, so die Forderung.

Die Bundestagsexperten argumentieren dagegen nun, dass ein Schuldenschnitt gegen EU-Recht­ verstoßen würde: „Ein Schuldenerlass durch die EZB betreffend die von ihr erworbenen Staatsanleihen der Mitgliedstaaten er­scheint mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung gemäß Art. 123 Abs. 1 AEUV unvereinbar.“ Mit dem AEUV ist der Vertrag über die Arbeitsweise der EU gemeint. Die Notenbank dürfe zwar aus geldpolitischen Erwägungen die Schuldenpapiere kaufen. Eine Schuldenerleichterung sei aber ein Vertragsverstoß: „Erwirbt die EZB zunächst Staatsanleihen zum Zweck der Wiederherstellung der geldpolitischen Funktionsfähigkeit der Währungszone und erfolgt später ein Schuldenschnitt auf erworbene An­leihen, so wäre im Ergebnis ein solcher Forderungsverzicht durch die EZB unvereinbar mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung ge­mäß Art. 123 Abs. 1 AEUV.“

EZB fährt Käufe wieder hoch

Unterdessen hat die EZB in der vergangenen Woche ihre Anleihekäufe zur Ankurbelung von Wachstum und Inflation wieder merklich hochgefahren. In der Handelswoche bis vergangenen Mittwoch erwarb das Eurosystem aus EZB und den 19 nationalen Zentralbanken Wertpapiere im Wert von rund 25 Mrd. Euro. In der Vorwoche hatte die Summe bei knapp 18,8 Mrd. Euro gelegen. Auf das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP entfielen gut 17,1 Mrd. der 25 Mrd. Euro. Im Zuge von PEPP kauft das Eurosystem vor allem öffentliche Schuldtitel. Auf das 2015 gestartete Staatsanleihekaufprogramm PSPP entfielen in der Vorwoche knapp 5,9 Mrd. Euro.