Bundestagswahlkampf 2021

CDU verspricht schnelle Entlastung

Nach Grünen und Linke hat jetzt auch die CDU ein Sofortprogramm für den Fall einer Regierungsbeteiligung vorgelegt. Ökonomen zeigen sich wenig beeindruckt von den Vorschlägen.

CDU verspricht schnelle Entlastung

sp Berlin

Der Spitzenkandidat der Unionsparteien, CDU-Chef Armin Laschet, hat knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl ein Sofortprogramm für die ersten 100 Tage im Falle einer neuerlichen Regierungsbeteiligung der Union vorgestellt. Im Zentrum des vier Seiten langen Papiers stehen Entlastungen für Familien und Beschäftigte sowie die neuerliche Absage an Steuererhöhungen. „Es geht um Jobs, Jobs, Jobs“, sagte Laschet am Montag nach den Gremiensitzungen der CDU in Berlin. Die Union steckt auch nach der zweiten Fernsehdiskussion zwischen Laschet und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz sowie Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen, im Umfragetief (siehe Grafik). Das Sofortprogramm stieß nicht nur beim politischen Gegner, sondern auch bei Ökonomen auf Kritik.

Familie und Sicherheit

In dem Sofortprogramm verspricht   die   CDU  unter  anderem, den Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1250 Euro und die Minijob-Grenze von 450 auf 550 Euro zu erhöhen. Die Pendlerpauschale soll „dynamisiert“ werden, was eine Koppelung etwa an die Erhöhung des Benzinpreises möglich machen soll. Zudem ist ein „Familienpaket“ geplant, in dem die Anhebung des Grundfreibetrags für Kinder und des Kindergelds versprochen wird. Zudem plant die CDU ein zinsloses Darlehen für Haus- und Wohnungseigentümer bei der Installation von Solardächern. „Mit uns wird es keine Steuererhöhungen geben“, heißt es unter der Überschrift „Pakt für Mittelstand, Handwerk und Familienunternehmen“. Handwerk, Mittelstand, Familienunternehmen und Industrie verspricht die Union außerdem, dass die Lohnzusatzkosten bei maximal 40% bleiben. Daneben setzt die CDU auch auf das Thema Sicherheit und kündigt unter anderem jedes Jahr 1000 neue Überwachungskameras an Bahnhöfen an.

Mit dem Sofortprogramm dürfte es die CDU vor allem auf Stamm­wähler abgesehen haben, die sie für einen Spitzenkandidaten mobilisieren muss, der im Vergleich mit den Konkurrenten deutlich schlechtere Persönlichkeitswerte erreicht. Auch nach der zweiten Fernsehdebatte mit Scholz und Baerbock zur besten Sendezeit am Sonntagabend hatte Laschet in den Umfragen unter Zuschauern das Nachsehen. Immerhin überraschte der Spitzenkandidat der Union im Rahmen des auf ARD und ZDF übertragenen „Triells“ 34% der Zuschauer positiv, wie die Meinungsforscher von Civey im Auftrag der Union erhoben haben. Scholz schaffte das nur bei 24%. Ob das vielleicht auch daran lag, dass die Erwartungen an den Aufritt Laschets geringer waren, wurde nicht erfragt.

Ökonomen kritisierten das Sofortprogramm der CDU. Es enthalte eine Reihe teurer Versprechen, von der Deckelung des Eigenbeitrags in der Pflege bis zur Kostenübernahme der Meisterausbildung, sagte Jens Süde­kum, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, zu Reuters. Gleichzeitig würden Steuerentlastungen in Aussicht gestellt, etwa durch eine Erhöhung des Kinderfreibetrages. „Die Finanzierung dieser Maßnahmen ist völlig unklar“, sagte Süde­kum, der Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ist. Er rechne im Falle einer Umsetzung des Sofortprogramms mit Haushaltslöchern im zweistelligen Milliardenbereich. „Diese allein durch Wirtschaftswachstum auffangen zu wollen, ist nicht realistisch“, sagte Südekum.

Auch Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), äußerte sich kritisch. „In Summe zeigt sich: Dieses Sofortprogramm ist kein ambitioniertes Zukunftsprogramm für Deutschland“, sagte der Ökonom. Es lese sich eher wie ein Auszug aus einem SPD-CDU-Koalitionsvertrag. Bedient würden vor allem Stammwähler der Union wie Landwirte, Familien und Mittelstand. „Das ist natürlich legitim, gerade in der aktuellen Situation, aber die großen Zukunftsthemen finden in dem Papier kaum statt“, sagte Felbermayr.

FDP-Chef Christian Lindner, der in Koalitionsverhandlungen den Ausschlag für eine neuerliche Regierung unter Führung der Union geben könnte, nannte das Sofortprogramm der CDU eine schlechte Kopie von Positionen der FDP und warb dafür, „das Original“ zu wählen. CSU-Generalsekretär Markus Blume bezeichnete das CDU-Papier auf Twitter als „starken Aufschlag“. Nötig seien schnelle Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen. „Die Trendwende ist eingeleitet“, sagte die CDU-Vizechefin Silvia Breher, die auch Laschets „Zukunftsteam“ angehört, mit Verweis auf die Kommunalwahl in Niedersachsen, bei der sich die CDU am Sonntag als stärkste Kraft behauptet hatte.

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