GastbeitragDigitaler Euro

Chance im Wettbewerb um das Geld der Zukunft

Der digitale Euro eröffnet den europäischen Finanzplätzen und insbesondere Frankfurt Chancen. Diese gilt es nun zu ergreifen, fordert Joachim Wuermeling.

Chance im Wettbewerb um das Geld der Zukunft

Der digitale Euro: Chance im Wettbewerb um das Geld der Zukunft

Die Executive Order Nummer 14178 von US-Präsident Donald Trump hat nicht die allgemeine Empörung hervorgerufen wie viele andere. In der Finanzwelt hat sie aber durchaus Aufmerksamkeit erregt. Der US-Präsident will mit dem Dekret die „amerikanische Führung in der digitalen Finanztechnologie stärken.“ International sollen digitalen Assets, Blockchain und verwandte Technologien aus den USA verbreitet werden. Ist der digitale Euro die europäische Antwort auf diese Ansage?

Hintergrund des Dekrets ist die Verlagerung von immer mehr Transaktionen im Finanzsektor und darüber hinaus in den digitalen Raum: Distributed Ledger wie Blockchains ermöglichen heute die sichere Versendung von Vermögenswerten direkt über das Netz. Statt nur Informationen für die herkömmlichen Systeme digital zu verschicken, wie etwa beim Onlinebanking, werden die digitalen Assets oder digitales Geld in verschlüsselten Datenpaketen selbst transferiert wie Software oder Fotos.

Dauerhafte Verfügbarkeit

Der Fortschritt liegt in der Schaffung eines Ledgers, der den Handel des Geschäfts, seinen Vollzug, die Bezahlung und die Verwahrung auf der gleichen Plattform ermöglicht. Die Transaktionszeiten werden reduziert, Zahlungen können mit Smart Contracts automatisch ausgelöst werden. Die Systeme wären 24 Stunden, 7 Tage in der Woche und 365 Tage im Jahr verfügbar. Nach einer Analyse der Global Financial Markets Association könnten auf der neuen Infrastruktur weltweit etwa 15 – 20 Mill. Dollar im Jahr eingespart werden.

Joachim Wuermeling ist „Executive in Residence“ an der Business School ESMT Berlin und Of Counsel bei der Rechtsanwaltskanzlei A&O Shearman in Frankfurt. Neben weiteren Mandaten ist er Vorsitzender des Strategischen Beirats des House of Finance and Tech in Berlin. Bis Ende 2023 gehörte Wuermeling dem Vorstand der Deutschen Bundesbank an. (Bildquelle: picture alliance / Ulrich Baumgarten)

Diese Technologie hat das Potenzial, die Finanzmärkte „zu revolutionieren,“ prognostiziert EU-Finanzkommisssarin Maria Albuquerque. „Grundlegend umgestaltet“ würde „die Struktur der Finanzmediation“, die für Jahrhunderte weitgehend unverändert sei, analysiert Piero Cipollone, Direktor bei der Europäischen Zentralbank. Diese Transformation sei nicht nur theoretisch; sie beginne jetzt. Und in der Tat: Nach dem kürzlich erschienenen Deka Digital Assets Monitor (BZ vom 4.2. 2025) vervielfachte sich die Emission tokenisierter Wertpapiere alleine in Deutschland vom Jahr 2022 auf das Jahr 2023 um das Sechsfache.

Gloaber Vorreiter Europa

In dieser neuen digitalen Welt will Präsident Trump nun die amerikanische Vorherrschaft sichern, so wie sie in den traditionellen herrscht. Mit der Dominanz von in den USA emittierten Kryptoassets wie Bitcoin oder Stablecoins wie USDC sind die Voraussetzungen durchaus günstig, ein digitales US-Monopol auch beim digitalen Geld zu schaffen. Doch wo steht Europa?

Bei Wholesale-Transaktionen mit digitalen finanziellen Assets ist Europa – das mag überraschen – im Windschatten der öffentlichen Aufmerksamkeit zu einem globalen Vorreiter geworden. Die EU und nationale Gesetzgeber haben früh die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen.

Erfolgreiche Tests

In von der EZB organisierten, erfolgreichen „Trials“ wurden im letzten Jahr 50 rein digitale Transaktionen mit 60 Teilnehmern im Wert von über 500 Mill. Euro durchgeführt. Das hat die EZB ermutigt, die Infrastruktur dafür in zwei Schritten dauerhaft zur Verfügung zu stellen (BZ vom 14.2.2025), also noch bevor der digitale Euro für den Verbraucher das Licht der Welt erblickt.

In den USA kann bei Blockchain-basierten Transaktionen hingegen nicht mit Zentralbankgeld bezahlt werden. Denn die Schaffung eines digitalen Dollar wird in der genannten Executive Order explizit ausgeschlossen. Es eröffnet sich also ein digitaler Transaktionsraum, in dem sich der Euro ohne die Konkurrenz zum Dollar entwickeln kann. Denn es ist kaum damit zu rechnen, dass die von Trump propagierten privaten Stablecoins als „de-facto digialer Dollar“ das Zentralbankgeld für diese Transaktionen ablösen. Vielmehr kann ein digitaler Euro in die Bresche springen. So kommentierte denn auch die Nachrichtenagentur Reuters die Executive Order: „Trumps Bann auf einen digitalen Dollar gibt Chinas und Europas digitalem Zentralbankgeld freien Lauf.“

Für die europäischen Finanzplätze und insbesondere für Frankfurt als Herkunftsort des digitalen Euro eröffnet sich damit eine völlig neue und bisher ungeahnte Chance, sich global neu zu positionieren. Sie zu nutzen, erfordert nicht nur eine rasche Bereitstellung des digitalen Euro für Wholesale-Geschäfte, sondern auch ein aktives Zugehen der Marktakteure in der ganzen Breite auf die neuen Technologien.