Konjunkturimpulse

Chinas Staatsrat regt Lockerung an

Im Zuge weiter eingetrübter Konjunkturperspektiven in China mahnt die Regierung monetäre Stimuli an, die in Kürze zu einer Senkung der Mindestreservesätze für Banken führen dürften. Experten bezweifeln allerdings eine signifikante Wirkung.

Chinas Staatsrat regt Lockerung an

nh Schanghai

Die chinesische Regierung deutet monetäre Lockerungsschritte an, um der von neuerlichen Corona-Restriktionen hervorgerufenen Konjunkturbelastung entgegenzuwirken. Vom Staatsrat heißt es, dass monetäre Instrumente wie eine Senkung der Mindestreservesätze für Banken in einem angebrachten Zeitrahmen eingesetzt würden, um die Liquiditätsversorgung aufrechtzuerhalten. Nach bisherigen Erfahrungen führt eine solche Aufforderung zu einer raschen Reaktion der People’s Bank of China (PBOC). So erwarten die Marktteilnehmer, dass die Notenbank in Kürze – möglicherweise bereits am Freitag – eine Senkung der Mindestreservesätze für Geschäftsbanken verkünden wird.

Das bei westlichen Zentralbanken wenig gebräuchliche Instrument der Mindestreserve verpflichtet Banken, einen bestimmten Prozentsatz ihres Einlagenvolumens bei der Zentralbank zu „parken“ und damit dem Kreditschöpfungskreislauf zu entziehen. Eine Reservesatzsenkung führt damit zu einer Mittelfreisetzung, die Kreditaktivität und Konjunktur anregen soll. Zuletzt hatte die Zentralbank im April nach der Verhängung des Lockdowns in Schanghai auf Anregung der Regierung die Mindestreservesätze um allerdings nur 25 Basispunkte zurückgenommen, damit aber wenig Impulse ausgelöst. Analysten rechnen auch diesmal kaum mit einer konjunkturellen Breitenwirkung, zumal sich das gegenwärtig niedrige Kreditvergabetempo in China in erster Linie als ein Nachfrageproblem darstellt.

Angesichts der laufenden Unsicherheit über den weiteren Fortgang der sogenannten Null-Covid-Politik und der Gefahr immer neuer Lockdowns und Mobilitätsrestriktionen legen insbesondere Privatunternehmen große Investitionszurückhaltung und eine entsprechend niedrige Kreditnachfrage an den Tag.

Immobiliensektor im Visier

Allerdings scheint die Regierung mit dem Liquiditätsimpuls vor allem den Immobiliensektor im Visier zu haben, wo eine Verschuldungskrise und akute Liquiditätsklemme bei großen Immobilienentwicklern die Aktivitäten am Wohnimmobilienmarkt mindern. Zuletzt hatte Peking eine Reihe von Maßnahmen verkündet, die die Finanzierungssituation der in Bedrängnis geratenen Bauträger verbessern helfen soll, um derzeit brachliegende Wohnimmobilienprojekte zu reaktivieren. Am Mittwoch wurde zudem verkündet, dass eine Reihe von staatskontrollierten Großbanken, allen voran der Marktführer ICBC, Finanzierungshilfe in Form von neuen Kreditlinien für Immobilienentwickler leisten wollen. Der Umfang der bislang gemachten Zusagen soll 925 Mrd. Yuan (125 Mrd. Euro) betragen.

Die Ankündigung des Staatsrates löste Diskussionen über direkte Zinssenkungen zur Konjunkturankurbelung aus. Erst am Mittwoch hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Länderbericht zu China für ein graduelles Zurückschrauben der Corona-Restriktionen plädiert und dabei auch Zinssenkungsmaßnahmen zur Förderung einer Konjunkturerholung angeregt. Die PBOC selbst wiederum hatte zuletzt die Erwartungen hinsichtlich konkreter Zinssenkungsschritte eher abgekühlt, indem sie in ihrem jüngsten geldpolitischen Bericht vor allem latente Inflationsgefahren herausstrich. Analysten gingen bislang davon aus, dass ein möglicher Zinssenkungsimpuls frühestens im März 2023 zu erwarten ist, wenn die Regierung auf dem Volkskongress ihre Wirtschaftsplanungen und Wachstumszielvorgaben formuliert.

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