Geldpolitik

Chinas Zentralbank hält sich an der Seitenlinie

Trotz der bereits seit Sommer laufenden Konjunkturabkühlung in China verzichtet die Zentralbank weiter auf Akzente zur konjunkturellen Stimulierung. Der Krieg in der Ukraine verkompliziert die Sache mit der chinesischen Erholung.

Chinas Zentralbank hält sich an der Seitenlinie

nh Schanghai

Trotz wachsender Sorge an den Märkten über Chinas akute Konjunkturschwäche und die wirtschaftlichen Folgeschäden der harten Corona-Politik sieht Zentralbankpräsident Yi Gang keine Veranlassung, mit größeren monetären Stimuli auf die Wirtschaft einzuwirken. Im Rahmen des Wirtschaftskongresses Boao Forum for Asia erklärte Yi die auffällige Zurückhaltung der People’s Bank of China in den vergangenen Monaten mit dem Fokus auf Wahrung der Preisstabilität. Die chinesische Geldpolitik befinde sich in einer „komfortablen Zone“ und trage dazu bei, die Wirtschaft „angemessen zu unterstützen“.

Zwar hatte die PBOC im Zuge der bereits seit Sommer laufenden Konjunkturabkühlung immer wieder ihre Bereitschaft zum aktiven Einsatz geldpolitischer Instrumente und Stimuli betont, tatsächlich aber kaum eigene Akzente gesetzt. Auch die Omikron-Ansteckungswelle und ihre Bekämpfung mit harten Lockdown-Maßnahmen etwa in Schanghai hat die PBOC – von der Verordnung einer minimalen Senkung der Mindestreservesätze für Banken um 0,25 Prozentpunkte einmal abgesehen – zu keiner offensichtlichen geldpolitischen Lockerung veranlasst.

Wie PBOC-Gouverneur Yi im Rahmen einer Eingabe an das dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zugehörige International Monetary and Financial Committee erklärte, befinde sich das Zinsniveau im heimischen Geld- und Kreditmarkt auf einem vernünftigen Niveau, während das Geldangebot im Einklang mit dem nominellen Wirtschaftswachstum stehe. Dabei verwies Yi auf geopolitische Konflikte und ihre global inflationstreibende Wirkung, von der sich auch China nicht völlig isolieren könne.

Tatsächlich hat Chinas Zentralbank angesichts einer sehr gemäßigten heimischen Verbraucherpreisinflation in den vergangenen Jahren beim Austarieren der geldpolitischen Linie praktisch keine Rücksicht auf Preisgefahren nehmen müssen. Auch gegenwärtig ist der Konsumpreisindex mit einem Anstieg von 1,5% im März kein Sorgenfaktor, zumal die Lebensmittelpreise weiterhin rückläufig waren.

Allerdings fürchtet man in Peking die Effekte des Ukraine-Kriegs und der Lieferkettenprobleme auf Energie- und Erzeugerpreise sowie auf Importkanäle für Lebensmittel. Gleichzeitig dürften der Lockdown in Schanghai und Restriktionen in zahlreichen anderen Großstädten sich preistreibend auf Lebensmittel auswirken.

Gefahr der Kapitalflucht

Marktteilnehmer betonen allerdings, dass die Prävention von Inflationsgefahren nicht der entscheidende Beweggrund für die Zurückhaltung der PBOC sein dürfte. Vielmehr verweisen sie auf die Zinswende in den USA und den Kapitalabzug ausländischer Investoren, die sich von Chinas Haltung im Ukraine-Krieg und der rigiden Corona-Nulltoleranzpolitik irritiert zeigen.

Die Gefahr einer Kapitalflucht im jetzigen Marktklima mit der völligen Einebnung des früher signifikanten Renditevorteils von chinesischen Staatsanleihen gegenüber US-Titeln und der rapiden Abschwächung des Yuan gegenüber dem Dollar reduziert den Bewegungsspielraum der PBOC auf ein Minimum. Bezeichnenderweise vermied Yi es bei seinen Äußerungen auf dem Boao Forum und gegenüber dem IWF-Komitee denn auch, Bezug auf Währungssituation, globales Zinsklima und Kapitalströme zu nehmen.

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