"Das Re-Engineering der Eurozone ist im Gang"

Euro-Koordinator Wieser zur Schuldenkrise

"Das Re-Engineering der Eurozone ist im Gang"

lz Frankfurt – Im Nachhinein haben die Anhänger der “Krönungstheorie” nach Meinung von Thomas Wieser, dem einflussreichen Koordinator der Euro-Finanzminister in Brüssel, offenbar recht behalten. Die – meist deutschen – Anhänger dieser Theorie sprachen sich im Vorfeld der Euroeinführung dafür aus, zunächst die Wirtschafts- und Finanzpolitik in den EU-Staaten zu vereinheitlichen, bevor eine gemeinsame Währung eingeführt wird. “Wir reparieren jetzt die Fehler von früher”, sagt Wieser in einem Vortrag an der Universität Frankfurt. Das “Re-Engineering” der Eurozone sei voll im Gange.Nach dem Motto, jedes Land ist für seine eigenen Banken verantwortlich, hatte man seinerzeit den gemeinsamen Finanzmarkt gegründet und die gemeinsame Währung eingeführt. Doch die Krise habe gezeigt, dass die nationale Zersplitterung bei Entscheidungen zur Bankenrettung in der Schuldenkrise mündete. Wobei Wieser Wert darauf legt, dass die Überschuldung “kein Phänomen” nur in Europa sei.Allerdings habe die Fragmentierung Europas in einzelne nationale “Aufsichtsinseln” mit gemeinsamem Wettbewerbsrecht, unterschiedlichen Regeln zur Bankenabwicklung, verschiedenen Einlagensicherungssystemen eine zügige Lösung der Bankenprobleme verhindert. Das soll nun die Bankenunion reparieren. Wieser: “Hätten wir eine gemeinsame Bankenaufsicht schon vor fünf Jahren gehabt, wäre die Krise nicht so dramatisch ausgefallen.”Mit den Bail-in-Regelungen, dem von den Banken gespeisten gemeinsamen Bankenrestrukturierungsfonds und anderen Reformen werde sich zudem die Verknüpfung zwischen Banken und Staaten lockern, was das System insgesamt widerstandsfähiger gegen Schocks mache. Das von manchen Beobachtern als zu niedrig kritisierte Fondsvolumen von 55 Mrd. Euro hält Wieser indes für ausreichend, um die Netto-Kosten zu decken nach einem Bail-in. Unklar sei indes, wie der Fonds die Finanzmittel für den Notfall vorhalten könne, da er nicht auf die Notenbank zurückgreifen kann. Das Problem, so Wieser, sei “noch ungelöst”.Seinem Verständnis zufolge ist die Bankenunion auch kein Projekt allein der Euro-Länder, sondern für ganz Europa. Denn die Probleme bei etwaigen Bankenschieflagen stellten sich nicht wegen der gemeinsamen Währung, sondern wegen des gemeinsamen Finanzbinnenmarkts. Insofern seien bereits Gespräche mit Nicht-Euro-Ländern aus Europa im Gange, der Bankenunion beizutreten. Lediglich Großbritannien bestehe darauf, nur einen Beobachterstatus einzunehmen.