Deutsche Inflation fällt unter 2 Prozent
Inflation auf niedrigstem Stand seit 2021
Deutsche Teuerung nach nationaler Berechnung bei 1,9 Prozent – Anstieg im Jahresverlauf erwartet – Kernrate gibt kaum nach
Nach nationaler Berechnungsmethode sinkt die Inflationsrate in Deutschland im August auf 1,9%. In den kommenden Monaten dürfte die Teuerung jedoch wieder steigen. Dafür sprechen gleich mehrere Indizien. Ökonomen sehen in den Daten dennoch eine positive Nachricht für die Verbraucher und die EZB.
mpi Frankfurt
Die Inflation hat sich in Deutschland überraschend stark abgeschwächt und fällt auf den niedrigsten Stand seit 2021. Nach nationaler Berechnungsmethode (VPI) lag die Inflationsrate im August bei nur noch 1,9%, nach 2,3% im Juli. Dies teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag in Erstschätzung mit. Gemäß der harmonisierten europäischen Berechnung (HVPI) liegt die Teuerung mit 2,0% nur geringfügig höher. Ökonomen hatten zwar im Vorfeld mit einem Rückgang der Inflation gerechnet – allerdings nicht so deutlich.
Hauptgrund für die niedrigere Inflation waren die im Jahresvergleich deutlich gesunkenen Energiepreise. Hier notierten die Statistiker einen Rückgang um 5,1%, was deutlich mehr ist als noch im Juli. Damals waren die Energiepreise um 1,7% im Vergleich zum Vorjahresmonat gefallen. Die nun deutlich stärkere Disinflation ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass die Energiepreise im August 2023 verhältnismäßig hoch waren – sprich auf statistische Basiseffekte.
Diese Basiseffekte werden nach Einschätzungen von Ökonomen dazu führen, dass die Inflationsrate ab Oktober wieder anzieht und ein gutes Stück über 2% liegt. Darauf deutet auch die Kerninflation hin, die Volkswirte als einen Gradmesser für den unterliegenden Preisdruck betrachten. Die Kernrate, bei der die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise ausgeklammert sind, ging im August nur um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8% zurück.
„Risiken auf dem Tisch“
Keinen Rückgang der Inflationsrate gab es zudem bei den Dienstleistern. Hier verharrte die Teuerung erneut bei 3,9%. „Angesichts der wohl weiter deutlich steigenden Löhne dürften die Dienstleistungspreise weiter kräftig zulegen“ meint Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. „Risiken von der Lohn- und Energieseite liegen weiter auf dem Tisch“, meint auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.
Optimistischer bezüglich der Inflationsentwicklung ist Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. „Die Teuerung ist absehbar kein drängendes Problem mehr und die Konjunktur kommt – auch wegen der hohen Zinsen – nicht in Gang.“ Dullien plädiert daher für eine deutliche Lockerung der Geldpolitik.
Euro-Inflationsdaten am Freitag
Eine Zinssenkung der Notenbank im September ist so gut wie beschlossene Sache. Wie es mittelfristig weitergeht, wird innerhalb des EZB-Rates debattiert. „Maßvolle Zinssenkungen in diesem und in kommenden Jahr sind die beste Antwort der Währungshüter auf die Beruhigung des Inflationsumfeldes“, meint Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.
Am Freitag veröffentlicht Eurostat die Inflationsdaten für die Eurozone. Ökonomen erwarten für August einen Rückgang von 2,6% auf 2,2% sowie einen erneuten Anstieg der Teuerung ab Herbst. Die EZB will ihr Inflationsziel spätestens Ende 2025 nachhaltig erreichen.