Deutscher Jobmarkt zeigt sich robust

Tarifverdienste im dritten Quartal kräftig gestiegen - Einzelhandelsumsätze enttäuschen im Oktober

Deutscher Jobmarkt zeigt sich robust

Der deutsche Arbeitsmarkt trotzt im November der schwächelnden Konjunktur. Damit bleibt dem Konsum – der wichtigsten Wachstumsstütze – der Rückenwind erhalten. Das Reallohnplus im dritten Quartal sollte für Schwung sorgen, so dass der verpatzte Start des Einzelhandels ins vierte Quartal wettgemacht werden dürfte.ba Frankfurt – Der Arbeitsmarkt erweist sich ungeachtet aller Risiko- und Unsicherheitsfaktoren wie etwa der globalen Protektionismusbestrebungen weiter als Garant einer stabilen Binnennachfrage – sowohl in der Eurozone als auch in deren größter Volkswirtschaft. So ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland im November überraschend kräftig zurückgegangen. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) waren 2,18 Millionen Personen arbeitslos gemeldet – das sind 24 000 weniger als im Vormonat (siehe Grafik). BA-Chef Detlef Scheele sprach laut Reuters von einem “eher deutlichen Rückgang” für einen November. Auch saisonbereinigt sank die Arbeitslosenzahl – um 16 000, wohingegen Ökonomen einen Anstieg um 5 000 erwartet hatten. Und obwohl die Wirtschaftsflaute am Jobmarkt spürbar sei, zeige er sich “alles in allem aber weiterhin robust”, so Scheele: “Wir blicken verhalten zuversichtlich in die Zukunft.” Sicherheitsnetz für KonjunkturDer bis zuletzt stabile Arbeitsmarkt wirkt für Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer “wie ein Sicherheitsnetz für die deutsche Konjunktur”. Die Beschäftigung sollte den konjunkturellen Problemen weiter trotzen, da die Unternehmen alles täten, um begehrte Fachkräfte zu halten, sagte er bei der Vorlage seines Jahresausblicks. Er verwies auf “prall gefüllte Arbeitszeitkonten” sowie das Kurzarbeitergeld. Damit stünden Instrumente zur Verfügung, die sogar im Krisenjahr 2009 einen Einbruch der Beschäftigung verhindert hatten, sagte Krämer. Der BA zufolge wurde im September an 59 000 Arbeitnehmer konjunkturbedingtes Kurzarbeitergeld gezahlt nach 50 000 im August. Zusätzlich sind für weitere 49 000 Personen Anträge gestellt worden. Auch wenn dies für den Einzelnen unschön sei, seien diese Zahlen unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten unauffällig, zitiert dpa-afx BA-Chef Scheele.Für KfW-Ökonom Martin Müller könnte die Binnennachfrage sogar noch stärker wachsen, würde sie nicht durch den Fachkräftemangel gebremst. Er erwartet, dass die Stundenlöhne im Gesamtjahr 2019 um rund 3 % steigen – das wäre eine Erhöhung der Reallöhne um 1,5 %. Im dritten Quartal 2019 sind die Reallöhne der Tarifbeschäftigten so kräftig gestiegen wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2010. Die Statistiker führen dies vor allem auf das in der Metall-Tarifrunde 2018 vereinbarte tarifliche Zusatzgeld in Höhe von 27,5 % eines Monatsentgeltes sowie eine Einmalzahlung von 400 Euro zurück. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) lagen die Tarifverdienste hierzulande um durchschnittlich 4,2 % höher als im Vorjahresquartal – im gleichen Zeitraum hatten die Verbraucherpreise um 1,5 % zugelegt. Bleiben die Sonderzahlungen wie Einmalzahlungen, Jahressonderzahlungen oder tarifliche Nachzahlungen außen vor, liegt das Plus bei 2,8 %.Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, sieht in dem erneuten Rückgang der offenen Stellen (-11 000) einen Beleg, dass vor allem der Zustand der hiesigen Industrie “alles andere als gut ist”. In den Industrieregionen sei bereits jetzt ein Anstieg der Arbeitslosigkeit spürbar. Das bedrohe die wichtigste Stütze der Wirtschaft, den Konsum. “Sollte der nachlassen, wird eine Rezession wieder wahrscheinlicher”, so Zeuner.Danach sieht es derzeit aber nicht aus, auch wenn die Einzelhandelsumsätze im Oktober enttäuschten. Im Jahresvergleich setzten die Einzelhändler real, also preisbereinigt, zwar 0,8 % mehr um. Allerdings lag dies deutlich unterhalb der Zuwächse von 3,4 und 3,3 % in den beiden vorangegangenen Monaten sowie dem Plus von 5,7 % im Juli. Zudem hatten Ökonomen mit 2,8 % ein wesentlich kräftigeres Umsatzwachstum erwartet. Im Monatsvergleich bedeutet das Umsatzminus von real 1,9 % den stärksten Rückgang seit Dezember 2018.Damit mag zwar der Start in das vierte Quartal verpatzt sein, der Einzelhandel darf mit Blick auf die anhaltend stabile Verbraucherstimmung aber auf ein florierendes Weihnachtsgeschäft hoffen – November und Dezember gehören zur umsatzträchtigsten Jahreszeit und entscheiden darüber, wie ein Jahr insgesamt zu beurteilen ist. Im November sind laut der monatlichen GfK-Umfrage sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartungen gestiegen, während die Anschaffungsneigung trotz leichter Verluste weiter auf “sehr hohem Niveau” liegt. Dies spricht für eine stabile Konsumneigung, und die Verbraucher gingen “positiv gestimmt in die anstehende Vorweihnachtszeit”, wie GfK-Experte Rolf Bürkl sagte (vgl. BZ vom 27. November). Lage im Euroraum bleibt gutIm Euroraum hat sich die Lage am Arbeitsmarkt ebenfalls verbessert – im Oktober verharrte die Arbeitslosenquote bei 7,5 %, dem niedrigsten Stand seit Juli 2008. Im Euroraum waren 12,334 Millionen Personen ohne Job, das sind 31 000 weniger als im September. Im Vorjahresvergleich ist die Zahl der Arbeitslosen um 761 000 zurückgegangen. In europäischer Rechnungsweise meldeten die niedrigsten Arbeitslosenquoten Deutschland (3,1 %), Malta (3,4 %) und die Niederlande (3,5 %).