Deutschland fällt bei Innovationsstärke zurück
ast Frankfurt
Deutschland hinkt bei der Innovationsstärke und damit auch beim Umbau hin zu einer grünen Wirtschaft im europäischen Vergleich hinterher. Das ist das Ergebnis des ING-Innovationsbarometers, das die Bank am Freitag veröffentlichte. Demnach steht Irland bei der Innovativität auf Platz 1, gefolgt von Luxemburg und Estland. Deutschland fällt im Vergleich zum Vorjahr noch weiter zurück und landet auf Platz 16 von 19 untersuchten Ländern.
Irlands Spitzenplatz begründen die Analysten mit der hohen Bildung der Bevölkerung und einer anteilig an der Gesamtbeschäftigung hohen Beschäftigung im Hightech-Sektor. Außerdem wurden zuletzt rund fünfmal so viele Unternehmen gegründet wie geschlossen. Deutschland „bekleckert sich im Vergleich mit den anderen Eurozone-Staaten nicht mit Ruhm“, schreiben die Autoren um ING-Chefökonom Carsten Brzeski in ihrem Bericht.
Regionale Unterschiede
Zwar verfüge Deutschland über nationale Player wie etwa Berlin oder Hamburg, die durch eine starke Gründerszene – und eine im regionalen Vergleich jüngere Bevölkerung – bestechen. Hamburg punktet zudem mit einem großen Anteil an Haushalten, die mit einem Glasfaseranschluss versorgt sind. Auch Forschungsaktivität und Patentanmeldungen sind in Deutschland weiterhin stark: 3,14% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurden in diesem Bereich investiert. Doch insgesamt betrachtet wirken vor allem der demografische Wandel und die digitale Infrastruktur hinderlich für Innovationen.
In keinem anderen Land der Eurozone leben weniger junge Menschen als hierzulande. Zudem werden in Deutschland mehr Unternehmen geschlossen als gegründet. Und auch der schon seit Jahren beklagte schleppende Ausbau der digitalen Infrastruktur wirkt sich schlecht auf das Zeugnis Deutschlands im Vergleich zu anderen Euro-Ländern aus: Nur 15% der Haushalte haben demnach einen Glasfaseranschluss. Weniger weist nur Belgien mit knapp 10% auf. In Lettland, Spanien und Portugal verfügen hingegen fast 90% über schnelles Internet.
Die Lösung für diese (infra)strukturellen Probleme sehen Brzeski und seine Mitautoren in der verstärkten staatlichen Förderung. „Staatliche Investitionen sind die Mutter der Innovationskiste“, schreiben sie. Doch diese fallen in Deutschland im Vergleich zu anderen Euroländern zu gering aus – und das, obwohl der Grundstein dafür eigentlich schon im Koalitionsvertrag gelegt wurde. Die ING-Experten kommen zu dem Schluss, dass es eine Korrelation gibt zwischen der Höhe der staatlichen Investitionen und der Innovationskraft eines Staates.
Letztere ist zwingendes Kriterium für das Gelingen der grünen Transformation. „Es war bereits vor Beginn des Kriegs in der Ukraine deutlich, dass die Wirtschaft grüner werden muss“, schreiben die ING-Autoren. Angesichts der aktuellen Energiekrise müsse Deutschland sein gesamtes Geschäftsmodell überdenken und dabei neue Technologien und Wege finden, „um langfristig wieder zu mehr Produktivität und Wirtschaftswachstum zurückzukehren“. Denn die Ergebnisse des Innovationsindex zeigen: Länder mit hohen staatlichen Investitionen sind innovativer. Und die Innovationsstärke ist förderlich für das Gelingen der grünen Transformation.