Mindestbesteuerung

Die EU-Extrarunde bei der Umsetzung

Dass die EU-Finanzminister am Dienstag keine Einigung zur Mindestbesteuerung gefunden haben, sollte nicht überbewertet werden. Der Widerstand der noch kritischen Staaten scheint überbrückbar – auch dank der neuen Änderungsvorschläge.

Die EU-Extrarunde bei der Umsetzung

Im vorigen Oktober haben alle EU-Staaten die auf OECD-Ebene gefundene globale Verständigung auf eine Mindest­besteuerung unterstützt. Die EU-Kommission­ hat sich in ihren Gesetzesvorschlägen zur Umsetzung dann nahezu eins zu eins an die OECD-Vorlage gehalten, um den ausbalancierten Kompromiss nicht doch noch mit irgendwelchen europäischen Ausschmückungen in Frage zu stellen. Von daher mutet es erst einmal seltsam an, dass sich jetzt einige EU-Länder doch so sehr zieren, der Umsetzung grünes Licht zu geben, und immer noch Bedenken ins Feld führen.

Beschlüsse in der Steuerpolitik der EU, die ja einstimmig erfolgen müssen, sind aber immer heikel. Extrarunden in den Verhandlungen sind normal und sollten nicht überbewertet werden. Wer zudem der Debatte der Finanzminister am Dienstag genau zugehört hat, wird festgestellt haben, dass der Widerstand der noch immer kritischen Staaten gesunken ist und mit etwas gutem Willen überbrückbar erscheint.

Dies hat viel mit den durchaus substanziellen Änderungsvorschlägen zu tun, die die französische Ratspräsidentschaft vorgenommen hat: Auf dem Tisch liegt nun eine Verschiebung der Umsetzung um ein Jahr auf Ende 2023, eine fünfjährige Ausnahme für Länder, in denen es nur wenig betroffene Konzerne gibt, sowie ein erneutes Bekenntnis zur Digitalsteuer, die ja ebenfalls Teil des OECD-Pakets war.

Nicht nur die EU-Länder dürften mit diesem Kompromiss zufrieden sein, auch wenn – oder gerade weil – er nicht ganz dem OECD-Deal entspricht. Insbesondere die Wirtschaft, die ja auch in Deutschland gerne einmal behauptet, es gehe bei der Einführung eines effektiven Mindeststeuersatzes von 15% um „hochkomplexe Neuregelungen“, für die Unternehmen mehr Vorbereitungszeit benötigten, sollten mit diesen Änderungen ihren Frieden machen.

Am heikelsten erscheint aktuell noch, eine glaubwürdige Verknüpfung der Mindeststeuer mit der Neuzuweisung von Besteuerungsrechten im Digitalbereich zu erreichen – auch wenn die EU hier auch von der Unterzeichnung multilateraler Übereinkommen abhängig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Gesetzesvorlage für diese sogenannte Säule 1 der OECD-Einigung durch die EU-Kommission noch weiter verschieben sollte. Sollte diese Verknüpfung aber gelingen, dürfte es bis zur Einigung bei einer kleinen Extrarunde an Verhandlungen bleiben. Und nur dann wird die EU auf globaler Ebene auch künftig noch glaubhaft für mehr Steuergerechtigkeit streiten können.

     (Börsen-Zeitung,

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