Diskussionen über EZB-Passus
Diskussionen über EZB-Passus
Änderung beim nächsten Zinsentscheid möglich – Inflationserwartungen steigen
mpi Frankfurt
In der Stellungnahme zum Zinsentscheid am Donnerstag hielten die EZB-Ratsmitglieder fest, dass die Geldpolitik im Euroraum weiterhin restriktiv wirkt. Dieser Passus könnte im März nach der sehr wahrscheinlichen erneuten Lockerung um 25 Basispunkte aus der Kommunikation der EZB verschwinden. Hintergrund ist, dass ein Einlagensatz von dann 2,5% die Schwelle ist, ab der ein signifikanter Teil der Ratsmitglieder es für möglich hält, dass das neutrale Niveau erreicht ist. Damit ist der Zinssatz gemeint, der die Wirtschaft weder bremst noch ankurbelt.
Der neutrale Zins lässt sich nur schätzen
Wo der neutrale Zins genau liegt, lässt sich nicht wissenschaftlich bestimmen, sondern nur schätzen. Die Einschätzungen von Ökonomen liegen dabei in einer ziemlich großen Spannbreite von 1,5% bis knapp unter 3%. Innerhalb des EZB-Rats gibt es im Wesentlichen zwei Gruppen. Die erste findet, dass ab 2,5% ein Bereich erreicht ist, ab der die restriktive Wirkung der Geldpolitik nicht mehr zweifelsfrei vorhanden ist. Die zweite verortet diesen Bereich erst bei einem Einlagensatz von rund 2%.
Einigkeit herrscht im EZB-Rat, dass die Notenbank den restriktiven Bereich in den kommenden Monaten verlassen will und wird. Dadurch, dass die Einschätzungen zum neutralen Zins auseinander gehen, dürfte es jedoch ab dem Frühjahr Diskussionen darüber geben, wie weit die Notenbank noch lockern kann.
Neue Untersuchung
Die EZB-Volkswirte hatten Anfang 2024 eine Untersuchung veröffentlicht, wonach laut ihren Modellen der neutrale Zins seit 2019 gestiegen ist, im Median der Modelle um 30 Basispunkte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde kündigte an, dass die Ökonomen der Notenbank kommenden Freitag eine neue Untersuchung veröffentlichen. In dieser werden sie die Einschätzungen nach unten anpassen. Äußerungen von Lagarde beim Weltwirtschaftsforum in Davos Mitte Januar sprechen dafür, dass die neue Spanne bei 1,75 bis 2,25% liegen könnte. Allerdings handelt es sich dabei um die Einschätzungen dieser EZB-Volkswirte. Die EZB-Ratsmitglieder selbst wiederum können das Niveau durchaus unterschiedlich verorten.
Inflationserwartungen von Verbrauchern und Analysten für 2025 steigen
Derweil hat die EZB am Freitag neue Daten zu den Inflationserwartungen von Verbrauchern sowie von der Notenbank befragten Analysten veröffentlicht. Beide Gruppen rechnen mit einer höheren Teuerung in diesem Jahr als noch bei den vorherigen Umfragen.
Die Analysten rechnen mit 2,1% in diesem Jahr. Im vierten Quartal waren sie noch von 1,9% ausgegangen und damit einem leichten Unterschreiten des Inflationsziels. Dies prognostizieren sie weiterhin für 2026. Erstmals gibt es auch eine Einschätzung für 2027. Diese liegt exakt bei 2%. Die Verbraucher erwarten wie immer eine deutlich höhere Inflation als die Experten. Sie rechnen mit 2,8% in zwölf Monaten, nach bislang 2,6%. Die Einschätzung für die Inflation in drei Jahren bleibt bei 2,4%. Die Umfrageergebnisse bestärken die EZB trotz des leichten Anstiegs in ihrer Überzeugung, dass die Inflationserwartungen verankert bleiben.