Dynamik am deutschen Arbeitsmarkt lässt nach
ast Frankfurt
Die Erholung am deutschen Arbeitsmarkt wird sich den jüngsten Frühindikatoren zufolge im Wintersemester verlangsamen. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA) legte im November zwar um 2 Zähler auf 128 Punkte zu. Die Dynamik ist dabei jedoch schwächer als im Frühsommer, der von Aufholeffekten geprägt war. Auch die Frühindikatoren des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Münchner Ifo-Instituts deuteten zuletzt auf eine Verlangsamung der Erholung hin.
Hintergrund ist, dass aufgrund der grassierenden vierten Coronavirus-Welle die Beschränkungen in Wirtschaft und Gesellschaft wieder zunehmen. Nach Einschätzung von Ökonomen steht der deutschen Wirtschaft ein harter Winter bevor. „Nach dem sommerlichen Konjunkturboom dürfte es zum Jahreswechsel allenfalls noch für ein Mini-Wachstum reichen“, sagte Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Marc Schattenberg von der Deutschen Bank erwartet sogar ein Null-Wachstum über die kommenden Monate. „Ich rechne mit einer Stagnation des Wirtschaftswachstums im Winterhalbjahr“, sagte er. In der Eurozone steht Deutschland inzwischen als Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum da.
Das hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Zwar hätten die Betriebe inzwischen gelernt, mit der Kurzarbeit umzugehen. „Wir rechnen aber auch wieder mit deutlich mehr Kurzarbeit“, sagte Katharina Utermöhl. Mit den immer neuen täglichen Rekordwerten bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus wird ein Lockdown oder ein Teillockdown immer wahrscheinlicher. Die Konsumlaune der Verbraucher ist bereits trotz des anstehenden Weihnachtsgeschäfts eingebrochen.
Noch allerdings zeigen die Trends am Arbeitsmarkt in gemäßigterem Tempo nach oben. Die Arbeitskräftenachfrage, die der BA-Stellenindex erfasst, stieg. Am kräftigsten nahm die Nachfrage nach neuem Personal im Gastgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe zu. Auch das Ifo-Beschäftigungsbarometer für November zeigt an, dass die Betriebe verstärkt nach Personal suchen. Die Arbeitsagenturen rechnen dem IAB-Arbeitsmarktbarometer zufolge derzeit nicht mit einem herben Rückschlag am Arbeitsmarkt während der Wintermonate. „Nach Einschätzung der Arbeitsagenturen wird sich die Aufwärtsentwicklung am Arbeitsmarkt etwas abkühlen“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“.
Heil erwartet Mehrausgaben
Der geschäftsführende und voraussichtlich auch künftige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet in den kommenden Monaten wieder einen Anstieg der Kurzarbeit und Mehrbelastungen für den Staatshaushalt. „Aufgrund von Lieferkettenstörungen in der Industrie und Umsatzeinbrüchen aufgrund regionaler Lockdowns rechnen wir mit einer leichten Zunahme der Kurzarbeit in diesem Winter und Zusatzkosten von 400 Mill. Euro“, sagte Heil der „Bild am Sonntag“.
Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht an diesem Dienstag ihren aktuellen Monatsbericht für November. Volkswirte erwarten, dass die Arbeitslosigkeit weiter gesunken ist, allerdings etwas weniger deutlich als im Vormonat.