Klimapolitik

Ein grünes Finanzsystem für Europa

Europa soll der erste klimaneutrale Kontinent werden. Dafür ist auch eine Transformation des Finanzsystems notwendig. Von der Leyen und Lagarde betonen erneut, wie groß der finanzielle Schaden bei Nichthandeln sein kann und welche Schritte zu gehen sind.

Ein grünes Finanzsystem für Europa

ast Frankfurt

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, haben erneut deutlich gemacht, wie wichtig ihnen eine klimafreundliche Finanz- und Investmentpolitik ist. „Die nächsten zehn Jahre müssen ein Wendepunkt werden“, sagte von der Leyen bei einer Online-Konferenz der Nichtregierungsorganisation Project Syndicate in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Der Finanzsektor rückt immer stärker in den Fokus der europäischen Klimaschutzpolitik. Das machte schon die Teilnehmerliste deutlich. Unter dem Stichwort „Investieren in den Klimaschutz“ gaben sich neben von der Leyen und Lagarde auch EIB-Präsident Werner Hoyer und Kristalina Georgiewa, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Ehre.

Anliegen der Ausrichter und Teilnehmer war es, den Klimaschutz in allen Wirtschaftsbereichen zu einer Top-Priorität zu machen. So betonte etwa Ursula von der Leyen, dass man bereits viel erreicht habe und sie Europa auf dem besten Weg sehe, der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden. Mithilfe des von ihr 2019 aufgelegten Green New Deal solle es möglich gemacht werden, die EU wettbewerbsfähig zu machen für die „grünen Märkte von morgen“. Die Coronavirus-Pandemie habe die Situation insgesamt zwar nicht leichter­ gemacht, doch auch der Wiederaufbaufonds, den die Staatenunion zur Linderung der Krisen­folgen aufgelegt hat, trage eine eindeutig grüne Handschrift. Es gelte schnellstmöglich weitere Schritte zu gehen, so von der Leyen. Zum einen müsse jedes Investment, jeder Euro auf seine Folgen für Klima oder Klimaschutz geprüft werden. Zweitens brauche es eine „Investment-Revolution“: So sollten Privatinvestitionen in den Klimaschutz massiv gesteigert werden. Einen entscheidenden Katalysator sieht von der Leyen in den öffentlichen Investitionen, die ebenfalls steigen sollen.

EZB-Präsidentin Lagarde, die bereits in der Vergangenheit Aufmerksamkeit erregt hatte, indem sie den Klimaschutz massiv auch in ihren öffentlichen Auftritten be­rücksichtigte und sich zuletzt für Green Bonds starkmachte, betonte zudem, dass bei Nichthandeln aller Akteure nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein massiver finanzieller Schaden entstehen könnte. „Die EZB wird innerhalb ihres Mandats alles tun“, so Lagarde auf der Konferenz.

Lagarde nutzte die Gelegenheit auch für Kritik an der derzeitigen Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS). „Die echten Kosten von CO2 müssen in allen Wirtschaftssektoren eingerechnet werden“, sagte sie. Bislang schließt der EU-ETS einzelne Branchen aus – darunter etwa auch innereuropäische Flüge und den Finanzsektor. Zudem sei CO2 nach wie vor viel zu billig, so die EZB-Präsidentin. Lagarde lobte hingegen den stark gewachsenen Markt für grüne Anleihen.

Internationale Kooperation

Entwicklungsländer dürften nicht vergessen werden, mahnte unter anderem EIB-Präsident Hoyer. Man dürfe nicht erwarten, dass Menschen­ in diesen Ländern zugunsten des Klimaschutzes­ auf den Wohlstand­ verzichten müssten, den die In­dustrieländer seit Jahrzehnten auskosten dürften. „Wir brauchen Solidarität­ und Kameradschaft, um die internationale Kooperation bei grünen Investments zum Erfolg zu führen“, forderte auch IWF-Chefin Georgiewa. Der IWF sei dazu bereit, dem Finanzsystem insbesondere in weniger entwickelten Ländern einen enormen „Push“ zu geben, um die Klimapolitik in Wirtschafts- und Finanzpolitik zu integrieren.