LEITARTIKEL

Eins zu null für Renzi

Den Politpoker um den italienischen Staatspräsidenten hat Regierungschef Matteo Renzi mit eins zu null gewonnen. Sein Kandidat, der Verfassungsrichter Sergio Mattarella, erwies sich letzten Endes als Volltreffer. Mit einer überraschenden...

Eins zu null für Renzi

Den Politpoker um den italienischen Staatspräsidenten hat Regierungschef Matteo Renzi mit eins zu null gewonnen. Sein Kandidat, der Verfassungsrichter Sergio Mattarella, erwies sich letzten Endes als Volltreffer. Mit einer überraschenden Stimmenmehrheit wurde am Samstag der ehemalige christdemokratische Parlamentsabgeordnete zum 12. Präsidenten der italienischen Republik gewählt. Renzi gelang es, nach monatelangen internen Streitigkeiten die Lager der Regierungspartei PD (Partito Democratico) zu einigen.Nicht nur seine Partei stand geschlossen hinter dem als integer und unbestechlich geltenden Sizilianer Mattarella. Auch der Koalitionspartner NCD (Nuovo Centrodestra) und einige Stimmen aus dem Oppositionslager haben zum Wahlerfolg beigetragen. Mattarella erhielt 665 Stimmen, weit mehr als die 506 Stimmen, die für seine Ernennung notwendig gewesen wären. Ein klarer Sieg für den Regierungschef. Dieser hätte sein Amt riskiert, wäre ein Staatspräsident gewählt worden, der nicht auf seiner Liste stand. Die Ernennung Mattarellas zum Kandidaten war zweifellos ein intelligenter Schachzug, auch wenn die Regierung vorübergehend ihren besten Alliierten verloren zu haben scheint.Verlierer der Wahl war Silvio Berlusconi mit seiner Oppositionspartei Forza Italia (FI). Berlusconi musste eine zweifache Schlappe hinnehmen. Nicht nur, dass Renzi einen Kandidaten ohne seine Zustimmung ernannte. Auch stand seine Partei nicht geschlossen hinter ihm. Ein Teil der FI-Parteimitglieder gab keine weißen Stimmzettel ab, wie von Berlusconi gefordert. Sie wählten Mattarella. Zur Diskussion stehen inzwischen nicht nur die Zukunft des wegen Steuerbetrugs verurteilten Politikers Berlusconi als Führer der Forza Italia und eine mögliche Abspaltung jenes Parteiflügels, der Berlusconis Kompromissbereitschaft gegenüber der Regierung Renzi seit jeher kritisiert. Zur Diskussion steht auch das bereits vor einem Jahr zwischen Berlusconi und Renzi geschlossene Bündnis, bei Reformen vereint vorzugehen. Nur durch den sogenannten “Patto Nazareno” ist es Renzi gelungen, die Arbeitsmarkt- und die Wahlrechtsreform zu verabschieden. Nun drohte Berlusconi, das Bündnis zu lösen.Seine Drohungen sind nicht glaubwürdig. Denn der Ex-Regierungschef hat seine Macht bereits vor über einem Jahr verloren und ist inzwischen in Sachen Politik zum reinen Überlebenden degradiert worden. Nur angesichts seiner bisherigen Unterstützung bei Renzis Reformbemühungen bleibt ihm noch eine Existenzberechtigung. Nicht nur parteiintern wird Berlusconi das Leben schwergemacht. Am Wochenende gründete der ehemalige CEO von Banca Intesa Sanpaolo und spätere Industrieminister der Regierung Monti, Corrado Passera, eine neue, liberale Zentrumspartei (Partito Unico). Diese stellt sich gegen die Populisten von Forza Italia und Lega Nord, aber auch gegen die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) des Komikers Beppe Grillo. Letzterer zeigte sich bei der Präsidentenwahl unfähig, sein Stimmpotenzial zu nutzen. Grillos politisches Können wird neuerdings auch in seiner eigenen Protestbewegung in Frage gestellt. Corrado Passera will vor den politischen Wahlen nicht nur in Berlusconis, sondern auch in Grillos Wahlrevier jagen.Doch von vorgezogenen Wahlen ist derzeit keine Rede mehr. Denn Renzi hat seine politische Position im Inland gestärkt. Nach dem Debakel vor zwei Jahren, als die Parteien sich auf keinen Kandidaten einigen konnten und den greisen Präsidenten Giorgio Napolitano baten, seine Amtszeit zu verlängern, nach einem parteiinternen Dauerkrieg sowohl im Regierungslager als auch bei der Opposition, sank das Vertrauen der italienischen Bürger in die Politik auf den Nullpunkt. Bester Beweis war die geringe Beteiligung von unter 50 % bei den vergangenen Regionalwahlen in der mittelitalienischen Region Emilia Romagna. Die jüngsten Meinungsumfragen vom Sonntag zeigen neuerliches politisches Interesse und wachsende Zustimmung sowohl für die Regierungspartei als auch für Renzi.Um seine Glaubwürdigkeit zu untermauern, muss der Regierungschef seine Reformen vorantreiben. Vor allem aber muss Renzi die Wirtschaftsreformen beschleunigen. Denn der Erfolg der Regierung Renzi hängt schließlich auch von der Wirtschaftsbelebung ab. Zaghafte Signale wie etwa ein verbessertes Geschäftsklima und eine sinkende Arbeitslosenquote geben erstmals wieder Anlass zum Optimismus.——–Von Thesy Kness-BastaroliMatteo Renzi hat mit dem Wahlerfolg von Sergio Mattarella einen Sieg errungen. Nun muss er allerdings dringend die angekündigten Reformen vorantreiben.——-