Erbschaftsteuerreform unter Beschuss

Wirtschaft befürchtet weitere Verschärfung aus den Ländern

Erbschaftsteuerreform unter Beschuss

wf Berlin – Zum Auftakt der Beratungen der Erbschaftsteuer in Bundestag und Bundesrat hat die deutsche Wirtschaft die Politik erneut harsch kritisiert. Familienunternehmen drohten deutliche Mehrbelastungen, warnte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit Blick auf die verschärfenden Pläne der Bundesländer zu einer reformierten Erbschaftsteuer. Die Übergabe von Betrieben an die jüngere Generation werde damit deutlich erschwert. “Die Empfehlungen des Bundesrats stehen im klaren Widerspruch zum ursprünglichen Ziel der Bundesregierung und sind völlig überzogen”, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber in Berlin. Der Wirtschaftsrat der CDU forderte, die Erbschaftsteuer im Gesetzgebungsverfahren mittelstandsfreundlicher auszugestalten. Auch die Stiftung Familienunternehmen hält zahlreiche Nachbesserungen am aktuellen Entwurf für erforderlich.Der Gesetzentwurf wurde von Bundestag und Bundesrat am Freitag in Berlin parallel beraten, um das Verfahren zu beschleunigen. Bis Mitte 2016 muss die Erbschaftsteuer reformiert sein. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht verfügt, als es die geltende Verschonung der Erben von Betrieben grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärte, aber dennoch eine Reihe von Änderungen verlangte. Nur die Erben sehr kleiner Unternehmen dürfen noch ohne besondere Prüfung von der Steuer verschont werden. Voraussetzung bleibt, dass die Arbeitsplätze erhalten werden. Last bei den großen FirmenBei großen Familienunternehmen haben die Richter eine Bedürfnisprüfung verlangt. Erben müssen bis zur Hälfte ihres Privatvermögens zur Zahlung der Erbschaftsteuer einsetzen. Im Streit mit der Wirtschaft geht es vor allem um diese großen Unternehmen. Der Schwellenwert, bei denen ein großes Unternehmen beginnt, liegt nach dem Regierungsentwurf im Regelfall bei 26 Mill. Euro begünstigtem Vermögen je Erbe, also solchem Vermögen, das hauptsächlich der unternehmerischen Tätigkeit dient. Liegen Gesellschafterverträge mit bestimmten Voraussetzungen vor, gilt der doppelte Betrag.Die Wirtschaft moniert, dass das aktuelle Bewertungsgesetz zur eklatanten Überbewertung von Unternehmen führt, so dass die Schwelle faktisch früh greift. Das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW hatte jüngst in einer Musterrechnung einen Anstieg der Steuerlast um rund 142 % für diese Unternehmen ermittelt. Den Forscher zufolge droht durch die Reform ein “erheblicher steuerlicher Standortnachteil”.Dem Bundesrat geht der Regierungsentwurf indessen nicht weit genug. Die Länder wollen die Vorgaben noch drüber hinaus verschärfen. Das Plenum der Länderkammern billigte in Berlin eine entsprechende Stellungnahme. Zudem hielt sie fest, die Neuregelung müsse im Ergebnis das Steueraufkommen der Länderhaushalte sichern. Zuletzt lag das Aufkommen bei 5,4 Mrd. Euro. Gewinnentnahme im VisierDie Länder sehen im Regierungsentwurf mit Blick auf das höchstrichterliche Urteil offene verfassungsrechtliche Fragen. So möge die Regierung die geplante Verschonung bei sehr hohen Unternehmensvermögen ohne Bedürfnisprüfung noch einmal überprüfen. Ebenfalls sei zu klären, ob bei den sogenannten Behaltensfristen, welche die Entnahme von Gewinn einschränken, und der “Durchschüttung” von Gewinnrücklagen nachgeordneter Kapitalgesellschaften Regelungslücken geschlossen werden können. Die Abgrenzung des begünstigten Unternehmensvermögens müsse rechtssicher für die Firmen sein – und dürfe die Steuerpflichtigen und die Steuerverwaltungen der Länder nicht überfordern, verlangte der Bundesrat.