Erneuter Höchstwert bei Insolvenzen
Erneuter Höchstwert
bei Insolvenzen
IWH erwartet ab Mai Ende der steigenden Fallzahlen
ba Frankfurt
Der aktuelle Mix aus Konjunkturflaute, hohen Zinsen und steigenden Kosten zwingt immer mehr Unternehmen in die Insolvenz. Im März ist die Pleitezahl von Personen- und Kapitalgesellschaften auf einen neuen Rekordwert geklettert. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sieht nach den kräftigen Zuwächsen der vergangenen Monate allerdings ein Ende der steigenden Fallzahlen.
Der IWH-Insolvenztrend zeigt für März 1.297 Firmenpleiten. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Zeitreihe im Januar 2016 und übertrifft das aus dem Februar stammende vorherige Rekordhoch um 9%. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet es ein Plus von 35%. Zudem übertrifft es das Niveau des März-Durchschnitts der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 um 30%. Von den im März gemeldeten Insolvenzen sind laut IWH bei den 10% der größten Firmen etwa 11.000 Jobs betroffen. Das entspricht in etwa dem Niveau des Vormonats, liegt aber um etwa 42% höher als in einem durchschnittlichen März vor der Corona-Pandemie.
Die vom IWH erhobenen Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorlaufen, lassen jedoch einen Silberstreif am Horizont erkennen. IWH-Experte Steffen Müller erwartet zwar für den April nochmals hohe Insolvenzzahlen. Doch lasse der erneute Rückgang der Frühindikatoren im März nach den Höchstwerten vom Januar ab Mai wieder leicht sinkende Insolvenzzahlen erwarten. „Trotzdem werden sie noch viele Monate über dem Vor-Corona-Niveau liegen“, mahnt Müller. Auch wenn Unternehmensinsolvenzen für die betroffenen Unternehmen, Beschäftigten und Gläubiger schmerzhaft seien, sei es für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Volkswirtschaft wichtig, dass nicht mehr tragfähige Geschäftsmodelle aus dem Markt austreten und damit Platz für Neues schaffen. Dass parallel zu den hohen Insolvenzzahlen in vielen Branchen ein Arbeitskräftemangel grassiere, zeigt Müller zufolge, „dass Beschäftigte in leistungsfähigen Unternehmen händeringend gesucht werden“. Das Risiko von Arbeitslosigkeit und langanhaltenden Einkommensverlusten nach Insolvenz des Arbeitgebers sei daher derzeit begrenzt.
Obwohl seit Juni 2023 durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten sind, sprechen Experten weiter von einer Rückkehr zur Normalität im Insolvenzgeschehen. Die Insolvenzwelle, die wegen der umfangreichen Unterstützungsprogramme der vergangenen Jahre sowie der staatlichen Eingriffe – wie der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht oder dem Kurzarbeitergeld – lange befürchtet wurde, bleibe weiter aus. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) etwa erwartet, dass sich die Insolvenzzahlen in diesem Jahr weiter dynamisch entwickeln und den Werten des Vor-Corona-Jahres 2019 annähern werden. „Dabei spielen vor allem Branchen und Krisenursachen eine Rolle, die langfristig angelegt sind. Die Stichworte heißen Arbeitskräftemangel, Transformation und Digitalisierung“, erklärte der VID-Vorsitzende Christoph Niering jüngst. Besonders von Insolvenzen betroffen waren 2023 die Immobilienbranche, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sowie produzierende Unternehmen.