Konjunkturprognose

„Es wird deutlich besser“

Nach einer Rezession im Winter soll die Euro-Wirtschaft im Sommer wieder an Schwung gewinnen. Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding setzt auf eine robuste Binnennachfrage und eine Investitionswelle.

„Es wird deutlich besser“

ba Frankfurt

Ein trostloser Winter mit einer schweren Rezession in Europa, aber für alles, was danach kommt, ist Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, wieder bei seinem natürlichen Optimismus: „Es wird deutlich besser“, so seine neueste Prognose. Nach einer Stabilisierung zu Ostern und einer robusten Erholung ab Mitte kommenden Jahres könnte die Wirtschaftstätigkeit schon im Frühjahr 2024 wieder auf dem Stand vom zweiten Quartal 2022 sein.

Seine Zuversicht zieht er aus der Art der Rezession: Denn diese sei nicht von finanziellen Exzessen oder großen Problemen ausgelöst die man langwierig bereinigen müsse, sondern von einem „einmaligen Schlag“. Nach der von Gasknappheit getriebenen Rezession gehe es – so wie schon nach der ersten Coronawelle – V-förmig nach oben. Als Triebkräfte des Aufschwungs setzt Schmieding auf das „kollektive Aufatmen Europas“, sobald der Winter vorbei sei und die Sorgen um die Gasversorgung nachgelassen haben.

Die Inflation dürfte zwar bis Januar steigen – auf bis zu 11% –, doch ab März würden die Basiseffekte des Anstiegs der Energie- und Nahrungsmittelpreise im Jahr 2022 sowie die disinflationären Auswirkungen der Rezession die Teuerung kräftig nach unten drücken. Ende 2023 erwartet Schmieding die Jahresrate bei etwa 3,5% und Anfang 2024 auf einem Tiefpunkt von um die 2%, bevor sie sich bei etwa 2,5% auf Dauer einpendeln wird. Gestützt von einer erholten Binnennachfrage könnte eine „wahre Investitionswelle losrollen“. Diese werde auch nicht mehr durch Materialmangel gebremst – Schmieding sieht bei den Lieferketten bereits eine deutliche Entspannung. Begrenzt würde der Aufschwung aber zunächst durch eine milde Rezession der USA, die im Herbst 2023 überwunden sein dürfte.

Für das Gesamtjahr 2023 erwartet er, dass die Euro-Wirtschaft um 1,3% schrumpft und 2024 um 2,5% zu­legt. Ein „himmelweiter Unterschied“ zu den Projektionen der Eu­ropäischen Zentralbank von −0,9% und +1,9%. „Dass die EZB an ihrer Prognose festhält, kann nur verwundern.“ In seinen Augen habe „die EZB in vielen Sachen völlig Recht“. Das Argument, die EZB müsse kräftig gegensteuern, auch weil die Inflation breiter werde – was aber fast nur daran liege, dass sich die Energiekosten durch den gesamten Warenkorb fressen –, sei zwar nicht falsch, aber überbetont. Wie sehr aber die Rezession den Preisdruck mildern könne, werde hingegen unterbetont.

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