Energiepolitik

EU einigt sich auf Gas-Sparplan

Die Energieminister der EU haben sich angesichts eines drohenden Lieferstopps von russischem Erdgas auf gemeinsame Sparziele geeinigt. Der Sparplan ist zunächst freiwillig – und sieht zahlreiche Ausnahmeregeln vor.

EU einigt sich auf Gas-Sparplan

BZ Berlin

Die Energieminister der Europäischen Union (EU) haben sich vor dem Hintergrund der seit Wochen stark gedrosselten Lieferungen von Erdgas aus Russland auf gemeinsame Sparziele für den Gasverbrauch geeinigt. Das teilte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstag mit. So soll verhindert werden, dass über den Winter wegen Versorgungsengpässen Beschränkungen nötig werden und ganze Industriezweige kein Gas mehr erhalten, sollte Moskau die immer unverhohleneren Drohungen mit einem kompletten Lieferstopp in den nächsten Monaten wahr machen. „Insgesamt ist es ein vernünftiger, guter weiterer Schritt“, lobte Bundeswirtschaftsminister­ Robert Habeck (Grüne) die Einigung. „Er zeigt, dass Europa geschlossen ist.“ Die Vereinbarung ist ein Kompromiss, der die vorige Woche von der EU-Kommission vorgelegten Pläne für einen Notfallplan abschwächt.

Sparziel gilt bis März 2023

Die EU hat wegen des Angriffs auf die Ukraine umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt. Seit Wochen sind die Gaslieferungen nach Europa deutlich reduziert. Der russische Energiekonzern Gazprom hat angekündigt, die Lieferungen ab Mittwoch noch einmal auf dann 20% der möglichen Kapazität zu halbieren. Die EU-Staaten wollen deshalb zunächst freiwillig zwischen August 2022 und März nächsten Jahres 15% Gas einsparen. Das Ziel kann im Fall einer Versorgungsnotlage zur Pflicht werden. Als Vergleich dient der Schnitt aus den betroffenen Monaten in den Jahren 2016 bis 2021. Wie die Einsparungen erzielt werden, kann jedes Land für sich entscheiden.

Deutschland stehe bisher bei 14 oder 15% Einsparungen, sagte Habeck. Das liegt allerdings auch an der vergleichsweise milden Witterung und könnte sich bis zum Winter ändern. Mit den von der Regierung erst vor wenigen Tagen neu auf den Weg gebrachten Sparplänen sei das Ziel erreichbar, sagte Habeck.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat in der vergangenen Woche ein Energiesicherungspaket vorgestellt, das unter anderem vorsieht, in Abstimmung mit Ar­beitgeber- und Arbeitnehmervertretern die Arbeit im Homeoffice auszuweiten. Darüber hinaus sollen Vorgaben für Mindesttemperaturen in manchen Ge­bäuden für die nächsten beiden Winter ausgesetzt sowie Hallen, Flure und Foyers gar nicht mehr geheizt werden. Schließlich soll untersagt werden, dass Hausbesitzer private Pools mit Gas beheizen.

EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte, es sollten genug Einsparungen zusammenkommen, um einen durchschnittlichen Winter bestehen zu können, selbst wenn Russland seine Lieferungen komplett einstelle. Um auch einen strengen Winter trotz russischen Lieferstopps ohne Versorgungsengpässe zu überstehen, seien weitere Einsparungen erforderlich. Der jetzt gefundene Kompromiss innerhalb der EU sieht dagegen zahlreiche Ausnahmen vor. So müssen Staaten, die nicht mit dem europäischen Gas-Leitungsnetz verbunden sind, die Auflagen nicht erfüllen. Das betrifft etwa Inselstaaten wie Malta oder Irland. Sollten Staaten für kritische Lebensbereiche wie etwa die Nahrungsmittelproduktion stark auf Gas angewiesen sein, können auch sie Ausnahmeregelungen beantragen. Auch der Bedarf für die energieintensive Stahlindustrie kann rausgerechnet werden.

Ursprünglich sollte für alle EU-Länder eine verbindliche Einsparung um 15% vorgeschrieben werden. EU-Vertreter sagten, Ungarn sei das einzige Land gewesen, das den Kompromiss nicht mitgetragen habe. Auch Griechenland und Polen hatten sich gegen verpflichtende Maßnahmen ausgesprochen. Einige EU-Diplomaten äußerten die Sorge, die Folge der Ausnahmen könne sein, dass am Ende zu wenig Gas eingespart werde. Der jetzt vereinbarte Sparplan soll für ein Jahr gelten und bis Mai 2023 überprüft werden.

Notiert in Madrid Seite 6